Politischer Rückenwind in der EU
23.09.2022, 09:43 Uhr
„Fahrt Fahrrad“, sagt von der Leyen, „und nehmt 700 Milliarden Euro“
Die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte vor dem Europäischen Parlament letzte Woche mehrere neue Initiativen an. Der Herstellerverband Cycling Industries Europe (CIE) erklärt, warum das für die Fahrradindustrie wichtig ist.
Von der Leyen beklagte, die Europäische Union sei immer noch zu stark abhängig vom Erdöl. Die globale Energiekrise erfordert eine rasche Reaktion der EU, weshalb von der Leyen die dringende Notwendigkeit hervorhob, den Verbrauch von Energie und fossilen Brennstoffen zu senken. Der Fahrradherstellerverband Cycling Industries Europe (CIE) habe den politischen Entscheidungsträgern bereits verdeutlicht, dass allein das Fahrradfahren die Abhängigkeit Russlands vom Erdöl mit Hilfe bestehender Produkte und Technologien um zwölf Prozent verringern und jährlich drei Milliarden Liter Kraftstoff einsparen kann. Darum spiele der Radverkehr in den Empfehlungen für den EU-Energiesparplan eine wichtige Rolle. Von der Leyens Verstärkung der Einsparungsbotschaft trägt dazu bei, politische Unterstützung für mehr Menschen auf dem Fahrrad zu erhalten, aber sie könne nur Realität werden, wenn die Industrie sich lautstark und engagiert in die politischen Diskussionen der EU einbringt - wo die Giganten der Mobilitätsindustrie um Aufmerksamkeit und ihre Geschäftsmodelle kämpfen.
Optimierung der Rohstoff-Versorgungskette
Kommissionspräsidentin von der Leyen kündigte an, dass die Kommission ein lang erwartetes Gesetz zu kritischen Rohstoffen ausarbeiten wird, um die hohe Abhängigkeit von China bei der Versorgung mit Seltenen Erden und Lithium zu verringern. Davon hänge der Klimaschutz ab.
Daher will die EU-Kommission Projekte entlang der gesamten Versorgungskette identifizieren, von der Gewinnung bis zur Raffination, von der Verarbeitung bis zum Recycling, und versuchen, strategische Reserven zu schaffen, wo die Versorgung gefährdet ist. Die Beteiligung der Fahrradindustrie an der Feinabstimmung dieser wichtigen Rechtsvorschrift wird für die Sicherung der Versorgung mit E-Bikes von entscheidender Bedeutung sein.
700 Milliarden Euro stehen bereit
Ein neuer Fokus auf qualifizierte Arbeitskräfte, die Digitalisierung der Industrie und die Unterstützung industrieller Investitionen: Diese vom Chef der EU-Exekutive angesprochenen Themen werden laut CIE in den Kreisen der europäischen Fahrradindustrie auf offene Ohren stoßen, denn viele Unternehmen sind bereit, ihre Produktionslinien umzustellen, wenn auf EU-Ebene die richtigen Anreize geschaffen werden.
Die Verlagerung der Fahrradproduktion nach Europa steht im Mittelpunkt des Interesses, seit der Nachfrageschub in den Jahren 2020 und 2021 die Anfälligkeit der globalen Lieferkette für Fahrräder deutlich gemacht hat. Derzeit gibt es zahlreiche Hindernisse für die Verlagerung in großem Maßstab, aber es wird erwartet, dass die zunehmenden EU-Interventionen helfen werden, das Gleichgewicht zu ändern.
CIE folgert: Die Ankündigungen des Kommissionspräsidenten zum Zugang zu kritischen Rohstoffen und zum Re-Shoring gehen eindeutig auf zentrale Themen und Anliegen der Fahrradindustrie ein. Der Ausbau des Radverkehrs in Europa stehe im Einklang mit den wichtigsten Prioritäten der EU, und die Finanzierung und Regulierung, die diese Maßnahmen unterstützen würden, böten erhebliche Möglichkeiten. Von der Leyen berichtete, dass rund 700 Milliarden Euro an bereitgestellten Mitteln zur Unterstützung des grünen und digitalen Wandels in Europa noch nicht ausgegeben wurden, einschließlich eines Großteils der Mittel für den Radverkehr. „Das sind gute Nachrichten für mehr Radverkehr, wenn sie in den nächsten Monaten vor Ort ankommen, aber der Prozess auf lokaler Ebene muss schneller gehen“, so CIE.