Rettung oder Schließung? 17.03.2025, 08:32 Uhr

BBS Seesen vor Standortwechsel

Die Diskussion um die Zukunft der Berufsbildenden Schulen (BBS) in Seesen nimmt weiter an Schärfe zu. Der Landkreis Goslar plant, den Schulstandort Seesen zu schließen und den Unterricht nach Goslar zu verlagern.
Der BBS-Standort Seesen steht zwischen Erhalt und Schließung.
(Quelle: Shutterstock / nuzaa)
Der Plan des Landkreises stößt auf massive Kritik – nicht nur aus Politik und Wirtschaft, sondern auch von Handwerksverbänden und Lehrkräften. Besonders betroffen: die Zweiradmechaniker-Innung, die sich in den Entscheidungsprozess nicht einbezogen fühlt. Während über Jahrzehnte hinweg kaum Investitionen in den Standort Seesen geflossen sind, scheint nun die einfachste Lösung der Komplettumzug zu sein. Dabei gibt es Alternativen – und einen Investor, der bereit wäre, die Schule zu übernehmen und zu sanieren.

Wirtschaftliche Aspekte

Der Landkreis Goslar begründet die geplante Schließung mit wirtschaftlichen Argumenten. Eine Sanierung des Standorts Seesen sei zu teuer, während ein Neubau oder eine Verlagerung nach Goslar langfristig günstiger wäre. Doch eine erneute Kostenanalyse von Investor und Bauunternehmer Oliver Göcke zeigt ein anderes Bild: Eine Modernisierung der bestehenden Gebäude in Seesen würde rund zehn Millionen Euro kosten – weitaus weniger als die bis zu 43 Millionen Euro, die für einen Neubau in Goslar veranschlagt werden.
Besonders ärgerlich: Über Jahrzehnte hinweg wurde kaum in den Standort Seesen investiert. Nun, wo akuter Handlungsbedarf besteht, argumentiert der Landkreis, dass das nötige Budget fehle. Kritiker werfen der Verwaltung vor, bewusst auf eine Abwicklung des Standorts hingearbeitet zu haben, anstatt frühzeitig tragfähige Konzepte für die Sanierung zu entwickeln.

Fehlende Kapazitäten

Ein weiteres Problem der geplanten Schließung: In Goslar ist schlicht nicht genug Platz für die betroffenen Schülerinnen und Schüler. Der Landkreis plant daher, die Zweiradmechaniker-Klassen in Räumlichkeiten von Inn-tegrativ auszulagern. Das bedeutet, dass der Unterricht nicht mehr in einer eigenständigen Berufsschule, sondern in fremden Gebäuden stattfinden würde – ohne die bewährte Infrastruktur, die in Seesen über Jahrzehnte gewachsen ist.
Hinzu kommt ein weiteres Problem: Die Verkehrsanbindung nach Goslar ist für viele Schülerinnen und Schüler deutlich schlechter als nach Seesen. Während Seesen durch seine zentrale Lage in der Region gut erreichbar ist, würde ein Umzug für viele Auszubildende zusätzliche Hürden schaffen – sowohl zeitlich als auch finanziell.

Zweiradmechaniker-Innung kämpft für den Erhalt

Besonders betroffen ist die Zweiradmechaniker-Innung Süd-Niedersachsen. Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Süd-Ost-Niedersachsen, Andreas Böhmken, erklärt in einer Stellungnahme, dass die Innung nicht in die Planungen des Landkreises einbezogen wurde. 
Die Innung hatte alternative Vorschläge gemacht, darunter den Erhalt der Zweiradmechaniker-Ausbildung in Seesen oder eine Lösung in Goslar mit angemessenen Räumlichkeiten. Doch der Landkreis hat diese Vorschläge nicht weiterverfolgt. Stattdessen soll der Unterricht in fremden Gebäuden stattfinden – ohne ein klares Konzept für die Zukunft der Ausbildung.
Besonders bitter ist die Situation für die zahlreichen Gastfamilien und Unterkünfte in Seesen, die seit Jahrzehnten mit der Berufsschule zusammenarbeiten. Sie würden künftig leer ausgehen, wenn die Schülerinnen und Schüler in Goslar untergebracht würden.
Dabei hat die Innung gerade erst eine positive Nachricht erhalten: Die Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade hat die überbetriebliche Lehrlingsunterweisung für den Zweiradbereich genehmigt – und zwar für Seesen. Doch ohne einen geeigneten Standort könnte diese Entscheidung schnell wieder hinfällig werden.

Eine mögliche Lösung

Trotz der ablehnenden Haltung des Landkreises gibt es Hoffnung: Ein Investor, mit dem sich Böhmken und andere Obermeister bereits vernetzt haben, wäre bereit, die Schule in Seesen zu übernehmen, zu renovieren und anschließend an den Landkreis zu vermieten. Damit könnte der Standort erhalten bleiben, ohne dass der Landkreis selbst hohe Investitionen stemmen müsste. Doch bislang zeigt sich der Landkreis wenig gesprächsbereit. Kritiker befürchten, dass man die Beteiligten bewusst vor vollendete Tatsachen stellen will.
Die Entscheidung über die Zukunft der BBS Seesen ist längst nicht mehr nur eine verwaltungstechnische Angelegenheit – sie hat eine politische Dimension. Während einige Kreistagsmitglieder für den Umzug nach Goslar plädieren, argumentieren andere für eine dezentrale Lösung. Der Landkreis verweist auf langfristige Einsparungen, doch Gegner der Schließung sehen eine massive Schwächung des Bildungsstandorts Seesen. Sollte der Landkreis an seinen Plänen festhalten, drohen Proteste und weiterer Widerstand aus der Region. Bereits jetzt gibt es eine Petition gegen die Schließung.


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