Gerichtsurteil
03.12.2021, 10:14 Uhr
Österreichs Händler müssen während Lockdowns keine Miete zahlen
In Österreich hat der Oberste Gerichtshof (OGH) eine erste Rechtsprechung zur Mietzinsbefreiung wegen pandemiebedingter Betretungsverbote veröffentlicht. In Deutschland wird ein BGH-Urteil noch erwartet.
In Österreich musste die Betreiberin eines Solarstudios wegen der Corona-bedingten Lockdowns im April 2020 ihr Geschäft schließen und wollte deshalb auch keine Miete für diesen Zeitraum zahlen. Nun ist der Österreichische Oberste Gerichtshof zu einem Urteil in letzter Instanz gekommen: Die Mieterin ist für diesen Zeitraum vom Mietzins befreit. Gemäß § 1104 ABGB (Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch) muss der Bestandnehmer keinen Mietzins entrichten, wenn das Bestandobjekt wegen außerordentlicher Zufälle wie insbesondere „Feuer, Krieg oder Seuche“ nicht genutzt werden kann. „Dieser Tatbestand war im konkreten Fall durch das Betretungsverbot unzweifelhaft erfüllt“, heißt es im Urteil. Die Klägerin konnte ihr Geschäftslokal auch nicht teilweise nutzen. Der bloße Verbleib der für den Betrieb erforderlichen Einrichtung sei keine „Nutzung“ des Lokals zum vertraglich vereinbarten (Geschäfts-)Zweck. Aufgrund der gesetzlich angeordneten Rechtsfolge des Elementarereignisses (Seuche und daraus folgendes Betretungsverbot) ist kein Miet- oder Pachtzins zu entrichten.
In Deutschland ist die Rechtslage diesbezüglich noch nicht endgültig geklärt beziehungsweise haben untere Gerichte die Frage bisher unterschiedlich behandelt. Einige Gerichte, wie das Landgericht Chemnitz, befanden, es gebe kein Recht auf Mietminderung, da die Mietsache - also die gemieteten Räume ungemindert nutzbar seien. Nur einige wenige, wie beispielsweise das Berliner Kammergericht urteilten, dass die Mieter ein Anrecht auf Minderung hätten, und zwar wegen Störung der Geschäftsgrundlage, für die der Vermieter das Risiko trage. Der Bundesgerichtshof (BGH) verhandelt dazu erstmals am 1. Dezember 2021 über mögliche Anpassungen der Mietzahlungspflichten bei einer Corona-bedingten Geschäftsschließung.