Eine Geschlechterfrage 31.03.2025, 10:58 Uhr

Nutzen Frauen das Fahrrad anders als Männer?

Besonders im Bereich Sport und Freizeit sind Frauen seltener auf zwei Rädern unterwegs als Männer. Woran liegt das, und wie können mehr Frauen und Mädchen zum Radfahren motiviert werden? Ein Pressegespräch vom Pressedienst-Fahrrad lieferte Erkenntnisse.
In dem Pressegespräch wurden infrastrukturelle, ergonomische und alltagsrelevante Punkte diskutiert.
(Quelle: Shutterstock / Gorgev)
Als Julia Wiegand 2022 allein mit dem Fahrrad von Köln nach Nordnorwegen fuhr, stieß sie auf Skepsis. „Meist waren es Männer“, lacht die Radreisende und ergänzt: „So eine Reise wird Frauen nicht zugetraut. Aber das spiegelt mehr die Ängste der anderen Personen wider. Wenn Frau das machen will, kann sie das. Wir müssen mehr Frauen ermutigen, selbstständig etwas zu tun.“ Im Bereich Radreisen, Freizeit und Sport sind Frauen deutlich unterrepräsentiert, wie Daten des Fahrradversicherers Linexo zeigen. Während 34,3 Prozent der Männer regelmäßig sportlich Rad fahren, sind es bei den Frauen nur 26,3 Prozent.
Ein Grund für die geringere Nutzung könnte bereits in der Kindheit liegen. „Schon in einem frühen Alter wird Mädchen weniger zugetraut – auch beim Fahrradfahren“, sagt Leonie Sperling, Produktentwicklerin bei Stevens. Mädchen würden häufiger auf bequeme Hollandräder gesetzt, während Jungen sportive Mountainbikes bekämen. Dadurch fehle oft der Zugang zu sportlichem Radfahren.

Hersteller reagieren auf Unterschiede

Stevens verzichtet ab 2025 auf geschlechtsspezifische Rahmenbezeichnungen und setzt auf Unisex-Ausstattung. Die Rahmen heißen je nach Position des Oberrohrs entweder „Low-Tube“ (für den Trapezrahmen), „High-Tube“ (für den Diamantrahmen) und „Forma“ (für den Tiefeinsteiger). „Das ist einfach aus der Nutzungs- und Verkaufsrealität entstanden. Es sind nicht nur Frauen, die einen tiefen Einstieg wollen. Im Sportbereich wie Rennrad und Gravelbike nutzen Frauen hingegen einen ,Männerrahmen‘“, erklärt Sperling. 
Dennoch gibt es ergonomische Unterschiede, die berücksichtigt werden müssen. Frauen seien im Schnitt kleiner und leichter als Männer, was bei der Sattelentwicklung eine zentrale Rolle spiele. Hinzu kämen Unterschiede bei Beckenform und Geschlechtsmerkmalen. „Das kann man nicht ignorieren. Mit einem geschlechtsspezifischen Produkt wird eine höhere Trefferwahrscheinlichkeit erreicht, dass das Produkt auch passt“, sagt Kim Tofaute, der in der Produktentwicklung beim Ergonomiespezialisten Ergon arbeitet. Spezielle Komponenten, wie angepasste Sättel oder Fahrradhosen, können den Komfort verbessern.

E-Bikes und Infrastruktur

Frauen nutzen zudem seltener E-Bikes als Männer. Während 56 Prozent der Männer ein E-Bike besitzen, sind es bei Frauen nur 43 Prozent. Ein Trend zu leichteren E-Bikes könnte dies ändern, da Frauen oft mehr Wert auf das Gewicht als auf die Reichweite legen.
Ein weiteres Problem ist die Infrastruktur. „Frauen sind besorgter, subjektive Sicherheit spielt eine stärkere Rolle“, so Wiegand. Breitere Wege und eine bessere Trennung vom Autoverkehr könnten hier Abhilfe schaffen. Bloggerin Juliane Schumacher betont zudem die Bedeutung von Routine: „Wenn man seine Stadt gut kennt, kann man auch die Wege besser planen.“ Die Diskussion zeigt: Um mehr Frauen aufs Rad zu bringen, braucht es sowohl infrastrukturelle Verbesserungen als auch ein Umdenken in der Fahrradbranche.
Hier sind weitere Daten und Fakten zum Pressegespräch von Linexo, IoT Venture und Ergon zu finden.


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