Anschub fürs Lastenrad
10.03.2022, 09:35 Uhr
Schweiz plant die große Fahrradreform
Der Schweizer Bundesrat will seine Fahrradgesetze modernisieren. Besonders der Lastenradverkehr soll profitieren: Höhere Zuladungsgrenzen erleichtern den Transport von Kindern und Euro-Paletten.
Das Urban Arrow „Tender“ ist 1,14 Meter Meter breit. Diese Breite soll in der Schweiz auf den Radweg dürfen. Die in der Schweiz geplante Gewichtsgrenze beträgt 450 Kilogramm.
(Quelle: Urban Arrow)
Das zulässige Gesamtgewicht für Fahrräder und damit auch konventionelle Lastenräder soll von heute 200 Kilogramm auf 250 Kilogramm erhöht werden. Die gesetzliche Sitzplatzbeschränkung auf maximal zwei Sitze für Kinder entfällt. Maßgebend ist das gesetzlich festgelegte Gesamtgewicht respektive die vom Hersteller garantierte Nutzlast. Dank dem höheren Gesamtgewicht von 250 Kilogramm können damit beispielsweise mehr als zwei Kinder in einem Lastenrad transportiert werden, sofern genügend Sitzplätze vorhanden sind.
Die Verwendung von schweren Lastenrädern bis 450 Kilogramm Gesamtgewicht soll erleichtert werden. Sie sollen künftig bis 1,20 Meter breit sein dürfen und mit Elektrounterstützung bis 25 Stundenkilometer als Motorfahrräder in Verkehr gesetzt werden können. Bisher mussten diese Fahrzeuge als Kleinmotorräder zugelassen werden, was aufwändig ist und aufgrund von Motorradfahrverboten die Zufahrt in Innenstadtbereiche erschwert. Durch die neue Regel sollen sie auf den Radwegen fahren dürfen. Der Bundesrat will damit den Transport von Euro-Paletten (120 x 80 cm) mit dem Lastenrad ermöglichen.
Besonderes Potenzial schreibt der Bundesrat dem Lastenrad beim Transport kleiner Gütermengen zu, also bei der Paketzustellung. Hierfür seien Lastenvelos im urbanen Raum das ideale Lieferfahrzeug, sollen traditionelle Lieferfahrzeuge ersetzen und so den öffentlichen Raum entlasten, teilt der Bundesrat mit. Weil die Transporträder größer und weniger wendig sind als konventionelle Fahrräder, muss die Fahrradinfrastruktur sorgfältig geplant und gebaut werden, kündigt der Bundesrat an. Noch günstiger werden die Bedingungen für S-Pedelecs mit Tretunterstützung bis 45 Stundenkilometer. Diese müssen heute auf Radwegen gefahren werden, das dürfen sie auch weiter, aber die Radwegbenutzungspflicht entfällt.
Eine ähnliche Diskussion zu Lastenradregeln gibt es auch in Deutschland.
Masse mal Geschwindigkeit: kinetische Energie entscheidet
Entscheidend für eine sichere Koexistenz verschiedener Verkehrsmittel auf derselben Fläche und den Verkehrsfluss sind möglichst einheitliche Geschwindigkeiten, erklärt der Schweizer Bundesrat. Die Motorleistung spielt bei den neuen Regeln keine wesentliche Rolle, weil für die Unfallschwere im Fall einer Kollision die kinetische Energie maßgebend ist. Diese setzt sich zusammen aus dem Gewicht multipliziert mit der Geschwindigkeit. Darum sind diese beiden Faktoren maßgeblich für die Zuordnung der Fahrzeuge zu den Verkehrsflächen.
Aufhorchen dürfte an dieser Stelle der Fahrradverband Leva-EU: Die kinetische Energie als maßgebliches Kriterium zur rechtlichen Einstufung von Fahrrädern entspricht einer Forderung des Verbands aus dem November 2020. Das vollständige Dokument des Schweizer Bundesrates findet sich hier. Die Umsetzung ist bis spätestens 2025 geplant.