Lob und Kritik von Fachhändlern
13.07.2018, 13:53 Uhr
Eurobike zieht erfolgreiche Bilanz
Die 27. Eurobike war nach Sicht der Messe Friedrichshafen ein Erfolg. Manche Aussteller und Besucher sehen das anders.
Klaus Wellmann, Geschäftsführer der Messe Friedrichshafen, zeigt sich zufrieden mit der Eurobike: „Mit drei durchweg erfolgreichen Messetagen war die Eurobike 2018 trotz vorheriger kontroverser Diskussion um die frühe Terminierung ein Erfolg. Sie hat klar bewiesen, wie wichtig der globale Fachaustausch im Rahmen einer Weltleitmesse ist", bilanziert er. Insgesamt kamen 1.400 Aussteller, davon 100 neue, und 37.379 Fachbesucher (2017: 42.590) aus 96 Nationen an den Bodensee. Der Besucherrückgang ist teils sicher auch auf das neue Messekonzept zurück zu führen: Endverbraucher sollten draußen bleiben, damit Fachhändler und Aussteller in entspannter Atmosphäre Geschäfte beschließen können.
„Unabhängig ob sportiv oder urban ausgerichtet: Jeder, der in der Fahrradbranche sein Business betreibt, kommt zur Eurobike - als Aussteller oder als Fachbesucher", beschreibt Bereichsleiter Stefan Reisinger den Anspruch der Leitmesse. Tatsächlich kamen auch dieses Jahr diverse hochrangige Mitarbeiter von Ausstellern, die längst der Messe fernbleiben: Bob Margevicius, Executive Vice President von Specialized, also die Nummer 2 hinter Mike Sinyard, war dort. Er verriet SAZbike gar, dass die US-Amerikaner sich eine Rückkehr gut vorstellen könnten, lediglich die Europa-Zentrale in Holzkirchen lehne dies ab. Und abseits der Messe äußerten sich Pexco-Mitarbeiter, dieses Jahr noch nicht mit einem Stand auf der Messe vertreten, grundsätzlich interessiert an der Teilnahme im kommenden Jahr.
Stefan Reisinger fährt fort: „Unsere Retail First Premiere mit strengem Einlass-Management hat zwar einen leichten Rückgang der Besucherzahl zur Folge, bewirkt jedoch, dass die Besucherqualität auf das höchste Niveau geschraubt wurde. Während der auf drei Messetage reduzierten Laufzeit wurde der somit reine Fachaustausch an den Ständen gestärkt. Retail First bestätigt sich als erfolgreiche Maßnahme, an der wir auch in Zukunft festhalten werden."
Doch so stark gebucht wie in den vergangenen Jahren war die Eurobike nicht: Der zentrale Durchgang zwischen den A-Hallen und den B-Hallen, früher der Messestand von Derby Cycle, war fast leer. Auch im Freigelände blieben Plätze frei. Der Wegfall der Zeppelinhalle als Ausstellungsfläche musste also nicht durch neue Ausstellungsfläche kompensiert werden.
Trotzdem waren viele Austeller voll des Lobes. So spricht beispielsweise Bernd Lesch, Marketing- und Entwicklungsleiter bei Winora, von einem ausgezeichneten Ergebnis: „Aller Unkenrufe zum Trotz: Wir hatten einen gigantischen Messeverlauf. Über die Tage verteilt haben sich unsere wichtigen Kunden in Friedrichshafen eingefunden. Wir konnten die Messe als Plattform zur Präsentation unserer Neuheiten nutzen und hatten bereits im Vorfeld bei den Media Days eine unheimlich positive Resonanz. Durch die Vorstellung unserer Weltneuheit Flyon war besonders am Sonntag der Zulauf enorm. Für die Zukunft ist uns wichtig, dass wir eine internationale Leitmesse, am besten in Deutschland, haben. Der Endkundentag, wie er ab nächstem Jahr wieder stattfindet, ist für uns als Konzern von großer Bedeutung. Das war aufgrund des frühen Termins 2018 nicht möglich, deshalb freuen wir uns auf nächstes Jahr und die Messe im August 2019.“
Lob und Kritik an Messekonzeption 2019
Bereits vor der Eurobike 2018 wurde die Konzeption für das kommende Jahr bekanntgegeben. 2019 findet die 28. Leitmesse von Mittwoch, 31. Juli bis Samstag, 3. August am Bodensee statt. An den ersten drei Tagen widmet sich die Eurobike ausschließlich dem Fachpublikum und endet am vierten Messetag mit einem gezielten Konsumentenfestival für alle Fahrradfans. „Der Termin Anfang August 2019 ist aktuell die größte Schnittmenge der Branchen-Präferenz und das Votum für eine Messekonzeption inklusive Konsumentenansprache ist eindeutig. Wir freuen uns nun über den weiteren Zuspruch zum Termin“, sagt Eurobike-Bereichsleiter Stefan Reisinger. Zu den Befürworten zählt beispielsweise Thomas Hild, Geschäftsführer von SQ Lab: "Generell bin ich seit jeher immer hier mit eigenen Ständen, ich bin ein absoluter Eurobike- und Friedrichshafen-Fan. Der Grund, warum ich die Location und Messe so gut finde, ist, dass man sich hier untereinander seit vielen Jahren kennt und sich hier wie eine große internationale Familie jährlich trifft. Es herrscht eine besondere Stimmung an diesem Standort. Auch genieße ich die herzliche und entspannte Art des gesamten Messeteams. Was die Terminierung der Eurobike betrifft, so vertrete ich den Standpunkt, dass der Termin wieder fix sein sollte, auch einen erneuten Publikumstag in 2019 begrüßen wir sehr.“
Andere, teils sehr renommierte und seit vielen Jahren teilnehmende Aussteller, äußerten sich hinter vorgehaltener Hand kritischer: Allgemein wünschen sich viele ein konstanteres Konzept. Eine strikte Besucherkontrolle sei nicht immer erfolgt, manche berichteten von Bekannten die mit fremden Eintrittskarten hereingekommen seien. Umstritten ist besonders der Termin. Die Verschiebung der Messe im kommenden Jahr auf einen späteren Termin wird allgemein begrüßt. Der konkrete Termin Anfang August aber falle zusammen mit den Schulferien in allen Bundesländern, dem Schweizer Nationalfeiertag und dem Bregenzer Seefest. Unterkünfte seien bereits jetzt oft ausgebucht.
Stimmen aus dem Fachhandel
Der Fachhandel äußerte auf der Messe in Gesprächen mit SAZbike Lob und Kritik: Ottes Siedersberger von der Bike Station La Palma, meint gar, der Termin 2019 sei immer noch zu früh. „Alle Händler schütteln darüber den Kopf“, so Siedesberger. Der Fachhändler Mike Schroeder von Kiki’s Fahrradhaus in Gilching meinte: „Alles im Laden ist ab Sonntag alt“, da ab Sonntag über neue Modelle berichtet würde. Der Fachhändler Frank Schulze von Orange Bike Concept in Karlsruhe findet es wichtig, dass Endverbraucher wieder da sind, glaubt aber nicht, dass allein deshalb wieder mehr Hersteller kommen werden. Dirk Erlenkämper von Meilenweit in Bochum findet es schade, dass die Situation der Händler mitten in der Saison nicht berücksichtigt werde: Die Saison ist erst zur Hälfte rum, es gäbe noch keine Anhaltspunkte, welche Produkte laufen und welche nicht. Erlenkämper ahnt: „Man soll sich schon Gedanken über nächstes Jahr machen, obwohl das Lager noch voll ist“. Rainer Plössl von Grabfeld-Tourismus in Bad Königshofen bestätigt, dass so früh oft die Vororder noch nicht mal fertig sei.
Thomas Mazur vom Radzentrum in Nagold, meint der Termin 2018 sei viel zu früh. Er lobt aber auch: Der Termin 2019 ist schon besser, aber noch besser wäre Ende August, „da es dann besser abschätzbar ist, was benötigt wird und gewollt ist“. Und Axel Wohltmann, vom Rad-Studio Wohltmann in Oldenburg lobt, dass man aufgrund der geringeren Besucherzahl „von intensiveren Gesprächen ohne Zeitdruck profitiert“. Die meisten der stichprobenartig befragten Fachhändler wollen wieder kommen.