Verödung der Innenstädte
05.08.2021, 09:00 Uhr
Rettung der Innenstädte durch Online-Steuer?
Die Corona-Pandemie bescherte dem Online-Handel ein starkes Umsatzwachstum – bleibt die Frage, ob eine Extra-Steuer auf Online-Käufe wirklich sinnvoll ist. Um die Verödung der Innenstädte aufzuhalten, braucht es jedoch neue Geschäftsmodelle.
Laut dem E-Commerce-Verband BEVH (Bundesverband E‑Commerce und Versandhandel) würde eine Sondersteuer auf Online-Käufe das Problem lediglich auf kleine und mittlere Unternehmen abwälzen. Eine Rettung der Innenstädte muss jedoch fair erfolgen und die Richtigen beteiligen. Statt den digitalen Handel mit Sondersteuern zu belegen, sollten jene in die Verantwortung für die Innenstädte genommen werden, die am meisten von ihnen profitieren. „Der Transformationsdruck der Innenstädte ist groß und der Ruf nach einer helfenden Hand laut. Hilfe muss aber mit fairen und ausgewogenen Zielen geleistet werden. Die Eigentümer von zentralen 1A-Handelsimmobilien konnten in der Vergangenheit gut von Wertsteigerungen leben. Es ist eine Frage der Gerechtigkeit, zuallererst die Eigentümer der Innenstädte nach ihrer Verantwortung und ihrem Beitrag zum städtischen Gemeinwesen zu fragen. Eine Sonderabgabe auf den Online-Handel träfe die absolut Falschen: Zum einen jene stationären Händler, die in ihre digitale Zukunft investiert haben, um in der Pandemie zu überleben. Und zum anderen diejenigen, die frühzeitig und mit unternehmerischem Risiko in neue Handelsmodelle investiert haben. Sie sind es, die sich nun am Markt durchsetzen“, sagt Martin Groß-Albenhausen, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des BEVH.
Auch der HDE hatte sich bereits Anfang des Jahres wenig begeistert über einen Vorschlag des Bundesvorsitzenden der Grünen, Robert Habeck, über die Notwendigkeit für die Einführung einer Digitalsteuer, geäußert. Da stationärer Handel und Online-Handel immer stärker Hand in Hand gehen, ist eine strikte Zweiteilung weder umsetzbar noch zeitgemäß. Worauf es ankommt, ist vielmehr die Schaffung fairer Wettbewerbsbedingungen. Insbesondere gegenüber Händlern aus Fernost besteht ein Ungleichgewicht, solange sie nicht ausnahmslos die korrekte Umsatzsteuer abführen. „Es muss sichergestellt werden, dass alle Händler bereits bestehende Steuerpflichten einhalten. Dafür braucht es keine neue Abgabe oder Steuer“, so der stellvertretende HDE-Hauptgeschäftsführer Stephan Tromp.
In den vergangenen Monaten haben sich viele stationäre Händler eine Online-Präsenz aufgebaut, sind etwa auf Online-Plattformen aktiv. Es besteht die Gefahr, dass eine Digitalsteuer auch auf ihre Kosten gehen könnte.
In den vergangenen Monaten haben sich viele stationäre Händler eine Online-Präsenz aufgebaut, sind etwa auf Online-Plattformen aktiv. Es besteht die Gefahr, dass eine Digitalsteuer auch auf ihre Kosten gehen könnte.
Frank Düssler, Referent Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim BEVH, kennt die Hilferufe aus den Innenstädten und wundert sich vielmehr über die Forderungen, die die Eigentümer der Immobilien in den Innenstädten großzügig aus der Haftung für die Innenstädte nehmen möchten und stattdessen eine Sondersteuer ausgerechnet für Online-Händler fordern. „Nur eine Gruppe wird von der Rettung der Städte großzügig ausgenommen, und das sind die Investoren, Eigentümer und Projektentwickler in den Innenstädten, die jahrzehntelang in die falschen Handelskonzepte investiert haben. Das Ergebnis sind unter anderem mehr als 439 Shopping-Center plus Warenhäuser in ganz Deutschland, die heute mit Leerstand kämpfen. Der Vorschlag einer Sondersteuer für Online-Händler würde im Effekt einen Bailout dieser Innenstadt-Eigentümer bedeuten.“
Autor(in)
Susa
Schreiner