Einzelhandel 20.09.2024, 08:08 Uhr

HDE fordert mehr Flexibilität für Steigerung der Tarifbindung

Die Tarifbindung im Einzelhandel ist rückläufig, dennoch spielen Tarifverträge laut Handelsverband Deutschland (HDE) in der Branche eine große Rolle – und sorgen mit für ein gutes Lohnniveau. Mehr Gestaltungsspielräume könnten laut HDE die Tarifbindung erhöhen. 
Angestellte Im Sportfachhandel verdienen meist recht gut.
(Quelle: Shutterstock / RossHelen)
Nur 23 Prozent der Einzelhandelsbeschäftigten waren laut Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung im vergangenen Jahr bei einem formell tarifgebundenen Arbeitgeber mit Branchen- oder Haustarifvertrag angestellt. Aber: Laut dem Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE), Stefan Genth, sind die Tarifverträge im Einzelhandel dennoch „eine enorm wichtige Richtschnur für die gesamte Branche. Sie spielen damit eine deutlich wichtigere Rolle, als die reine Statistik zur Tarifbindung auf den ersten Blick vermuten lässt.“ Nach Aussage des HDE orientieren sich auch zahlreiche Handelsunternehmen, die formal nicht tarifgebunden sind, an den Tarifverträgen der Branche. Sie gelten de facto für aktuell mehr als zwei Drittel der Beschäftigten in der Branche.
Dass die Tarifbindung jedoch seit Jahren in nahezu allen großen Branchen rückläufig ist, sieht der HDE in erster Linie im verringerten Gestaltungsspielraum für die Tarifvertragsparteien aufgrund der zunehmenden gesetzlichen Regulierung begründet. „Vor allem die rein politisch motivierte, sprunghafte Mindestlohnanhebung auf zwölf Euro im Jahr 2022, die ohne die Beteiligung der unabhängigen Mindestlohnkommission durchgesetzt wurde, hat viel kaputt gemacht und in den Augen vieler den Wert von Tarifverträgen infrage gestellt. Das darf sich so nicht wiederholen“, so Genth. Insofern seien auch die Äußerungen des Bundesarbeitsministers in der vergangenen Woche kontraproduktiv, der eine Anhebung des Mindestlohnes auf rund 15 Euro für 2026 gefordert hatte.

Mehr Flexibilität

Der HDE hat immer wieder Vorschläge zur Steigerung der Tarifbindung im Einzelhandel gemacht. „Es geht um mehr Flexibilität, um die formelle Tarifbindung für Unternehmen wieder attraktiver zu gestalten“, so Genth. Dabei stehen für ihn zusätzliche Öffnungsklauseln in bestehenden Gesetzen im Mittelpunkt. Genth: „Die Tarifverträge müssen sich anpassen können. Digitalisierung und Künstliche Intelligenz verändern die Ausgangsbedingungen in den Unternehmen. Das Prinzip ,one size fits all' wird den Interessen vieler Unternehmen oft nicht mehr hinreichend gerecht.“ Zudem würden insbesondere mittelständische Unternehmen oft von der Komplexität der jahrzehntealten Flächentarifverträge abgeschreckt.
Der HDE setzt sich darum auch für eine modulare Tarifbindung ein. So sollen sich nicht tarifgebundene Arbeitgeber für einzelne Module aus einem Tarifwerk, beispielsweise das Entgelt, entscheiden können. 
Genth hebt weiter hervor: „Im Einzelhandel verdient man gutes Geld für gute Arbeit.“ Nach der aktuellen Erhebung des Statistischen Bundesamtes betrug der durchschnittliche Bruttostundenverdienst einer Vollzeitkraft im Einzelhandel im vergangenen Jahr 21,25 Euro. Dies entspricht einem durchschnittlichen Monatsentgelt in Höhe von 3.471 Euro, unabhängig von der Tarifbindung des Arbeitgebers. Je nach Anforderungsprofil können die Bruttostundenverdienste teils stark schwanken. So kam etwa ein Experte im Einzelhandel im Jahr 2023 sogar auf ein durchschnittliches Bruttostundenentgelt von 34,38 Euro, eine Tätigkeit mit geringerem Anforderungsprofil als Helfer im Einzelhandel wurde mit durchschnittlich 15,51 Euro brutto pro Stunde vergütet. Eine Fachkraft kam in der Branche 2023 durchschnittlich auf einen Bruttostundenverdienst von 18,42 Euro.
Der Präsident des Verbandes Deutscher Sportfachhandel (VDS), Stefan Herzog, bestätigt: „Auch im Sportfachhandel lässt sich – unabhängig von der Tarifbindung des Arbeitgebers – richtig gut verdienen. Die Branche hat mittlerweile ein facettenreiches Angebot an Berufen entlang der Wertschöpfungskette bis zum Endkunden.“ Der VDS schließt sich laut Herzog „der konstruktiven Arbeit des Dachverbandes HDE auf politischer Ebene zum Thema Tarifpolitik vollumfänglich an“. 


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