Volle Lager, aber E-Bike legt zu
28.06.2024, 11:03 Uhr
Nachwehen des Booms belasten den Schweizer Fachhandel
Der Schweizer Fahrradmarkt ist auf das Niveau von 2019 geschrumpft. Dazu kommen aber viele gute Nachrichten, so das Schweizer Fachbüro Dynamot von Urs Rosenbaum.
Wenn der Erfolg der Covid-Jahre 2020 und 2021 wie eine große Party war, dann war die Saison 2023 geprägt vom Kater danach: Volle Lager, leere Kassen und rekordverdächtige Kaufzurückhaltung der Endkundschaft bereiteten der Branche Kopfschmerzen. Trotzdem gab es 2023 Lichtblicke im Markt: Manche Segmente konnten sogar beachtliche Erfolge feiern, so der Dynamot-Chef Urs Rosenbaum.
Der Start in die Velosaison 2023 war zwar mild, aber außerordentlich feucht, was die Kauflust wesentlich dämpfte. Abschreckend waren für viele Velofahrende auch die immer noch sehr hohen Preise für neue Fahrräder und Elektroräder, die Anfang 2023 veranschlagt wurden. Viele deckten sich deshalb im Secondhandmarkt ein, der so erfolgreich war wie noch selten. Die Velobörsen von Pro Velo und das spezialisierte Onlineportal velocorner.ch beispielsweise vermeldeten eine deutlich höhere Nachfrage. Gerade im für den Schweizer Markt besonders wichtigen Offroad-Segment war zudem eine deutliche Marktsättigung zu spüren: Mountainbikes und E-Mountainbikes stürzten regelrecht ab in der Gunst der Kundschaft.
Branchenumsatz zurück auf Niveau vor Covid
So kam es, dass der Schweizer Fahrradhandel nach Berechnungen des Marktbeobachters Dynamot in der Saison 2023 gerade mal 422.640 Fahrräder und Elektroräder verkaufte. Gegenüber dem Vorjahr ist das ein Minus von 5,7 Prozent. Gegenüber der Rekordsaison 2021 gingen die Verkäufe um über einen Viertel zurück.
Entsprechend sank auch der Einzelhandelsumsatz der Velobranche auf 1,93 Milliarden Franken. Er liegt damit wieder auf dem Niveau von 2019. Das alleine ist immer noch ein sehr gutes Ergebnis, denn die letzte Saison vor der Covid-Pandemie war die bis dahin erfolgreichste des Schweizer Velohandels überhaupt.
Volle Lager
Dass sich der Velohandel an diesem Ergebnis dennoch nicht freuen kann, hängt mit den übervollen Lagern zusammen. Wegen den trägen Lieferketten und zu optimistischen Einschätzungen der Nachfrage wurden 2023 nochmals deutlich mehr Fahrräder mit und ohne Motor in den Schweizer Markt geliefert als verkauft. Die Differenz zwischen der Inlandanlieferung (Importe plus Schweizer Produktion) betrug über 130.000 Fahrzeuge. Zusammen mit den Überbeständen aus der Saison 2022 ergab sich so ein Lagerüberhang, der rund viermal höher liegt im langjährigen Schnitt.
E-Bike legt weiter zu
Vor allem in der zweiten Saisonhälfte versuchte die Velobranche diese Lagerbestände mit Sonderangeboten abzubauen. Bei Elektrovelos für Alltag und Touren vermochte das auch die Nachfrage beleben: 2023 wurden sogar etwas mehr E-Bikes dieser Kategorie verkauft als im Vorjahr. Das urbane Elektrovelo löste dadurch das motorlose Mountainbike nach über 30 Jahren an der Spitze als beliebteste Velokategorie im Schweizer Markt ab. Auf tieferem Niveau zugelegt haben 2023 auch Cargobikes und schnelle E-Bikes mit Tretunterstützung bis 45 Stundenkilometern. Sie sorgten dafür, dass Elektrovelos für Mobilitätszwecke insgesamt zu den Gewinnern der Saison 2023 gehören.