Suchergebnisse auf Amazon 15.12.2020, 14:22 Uhr

Ortlieb setzt sich gegen Amazon durch

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Taschenherstellers Ortlieb (Heilsbronn) gegen die Online-Plattform Amazon war vor dem Bundesgerichtshof erfolgreich. Jetzt wird Ortliebs einst abgelehntes Gutachten zu Suchergebnissen auf Amazon doch vor Gericht geprüft.
Martin Esslinger
(Quelle: Ortlieb)
Nach Zurückweisung des Bundesgerichtshofes (BGH) an das Oberlandesgericht München des Falles „Ortlieb I“ im Jahr 2019 und der dort erfolgten Klageabweisung hatte der Taschenhersteller Ortlieb (Heilsbronn) Nichtzulassungsbeschwerde vor dem BGH eingelegt. Jetzt hat der Senat des Bundesgerichtshofs das Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) München vom 6. Juni 2019 im Ortlieb I-Verfahren aufgehoben und die Sache zur erneuten Überprüfung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
„So groß die Enttäuschung war, als das OLG München im zweiten Berufungsverfahren 2019 ein extra für dieses Verfahren im Auftrag des Markenverbandes, der Wala Heilmittel Gesellschaft, des Verbands der Vertriebsfirmen Kosmetischer Erzeugnisse und der Ortlieb Sportartikel GmbH durchgeführtes, unabhängiges Gutachten nicht berücksichtigt hatte, so groß ist jetzt die Freude, dass sich unsere Beharrlichkeit erneut ausgezahlt hat,“ so Martin Esslinger. Der Vertriebsleiter von Ortlieb führt weiter aus: „Das Gutachten untermauert unsere Auffassung, dass Endverbraucher von einem eindeutigen Suchergebnis auf Amazon ausgehen und größtenteils nicht annehmen, dass auch Produkte anderer Anbieter angezeigt werden. Zusammen mit der Tatsache, dass sich mit der P2B-Verordnung der EU-Kommission weitreichende Darlegungspflichten für Plattformen bezüglich des Zustandekommens von Suchergebnissen ergeben haben, sind wir nun sehr zuversichtlich, dass das OLG letztendlich zu unseren Gunsten entscheiden wird.“ 
Gerade in der heutigen Zeit, in der Plattformen wie Amazon die Austauschbarkeit von Marken strategisch vorantreiben, so Ortlieb, ist Markenhoheit und die damit verbundene Markenidentität wichtiger denn je. Bereits die Entscheidung des BGH im Ortlieb II-Verfahren lasse erkennen, dass der Bundesgerichtshof seine Sicht auf die notwendige Transparenz von Suchmaschinen neu justiere. Ein gerade erst bekannt gewordenes BGH-Urteil vom 15. Oktober 2020 zur Marke „Vorwerk“ in den Amazon-Ergebnislisten baut ausdrücklich auf der Ortlieb II-Entscheidung auf. Dort geht der Bundesgerichtshof noch einen entscheidenden Schritt weiter und führt Verbraucherschutz und Markenschutz zusammen. Der BGH hält fest, dass die Herkunftsfunktion der Marke dann verletzt ist, wenn der angesprochene Besucher nur „markenreine“ Ergebnislisten erwartet und dann, ohne gesonderte Kenntlichmachung, Fremdprodukte ebenfalls angezeigt werden. Genau darin zeigt sich nach Ansicht von Ortlieb eine neue „Lotsenfunktion“ der Marke, die für einen funktionierenden Wettbewerb in der Digitalwirtschaft unerlässlich ist.
Ortlieb betreibt seit 2011 ein selektives Vertriebssystem zur Sicherung des Qualitätsanspruches im Verkauf ihrer Produkte. Dieses wurde 2019 aktualisiert, um auch zukünftig eine nach Ansicht von Ortlieb möglichst faire Koexistenz zwischen Online-, Offline- und Multichannel-Händlern zu gewährleisten. Den Selektivvertrieb sieht Ortlieb auf allgemeinen Marktplätzen wie Amazon im Gegensatz zum Fachhandel nicht gewährleistet. Deshalb unterhält weder Ortlieb eine direkte Geschäftsbeziehung zu allgemeinen Marktplätzen noch ist autorisierten Fachhandelspartnern ein Verkauf der Produkte über diese Plattformen erlaubt.
Hintergrund Ortlieb I-Verfahren
Das Ortlieb I-Verfahren beschäftigt sich mit der Anzeige von Fremdprodukten bei der Suche nach dem Begriff „Ortlieb“ auf der Plattform Amazon. Die ursprüngliche Klage wurde bereits 2014 von Ortlieb eingereicht. Bereits letztinstanzlich wurde 2018 vor dem BGH zu Gunsten von Ortlieb das Ortlieb II-Verfahren (Schaltung von Google Ads durch Amazon mit der Verwendung des Markennamens Ortlieb) entschieden.



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