Neue EU-Batterieverordnung 07.02.2022, 10:48 Uhr

Conebi warnt vor Reparatur und Wiederaufbereitung von E-Bike-Akkus

Der europäische Fahrradverband Conebi bezieht Stellung zur EU-Gesetzgebung für Batterien: Im Fokus stehen Sicherheitsbedenken bei der Reparatur und Wiederaufbereitung.
Der europäische Fahrradindustrieverband Conebi positioniert sich zur Reparatur und Wiederaufbereitung von E-Bike-Akkus.
(Quelle: Shutterstock / aerogondo2)
Der Vorschlag für eine neue EU-Batterieverordnung wurde im Dezember 2020 von der Europäischen Kommission veröffentlicht und seitdem im Europäischen Parlament und im Rat der Europäischen Union diskutiert. Eine vorläufige Position beider Gesetzgeber wird in Kürze erwartet. Die Verhandlungen mit allen EU-Gesetzgebern über einen endgültigen Gesetzestext könnten bereits im März 2022 beginnen.

Conebi warnt vor Reparatur von E-Bike-Akkus

Das Positionspapier soll darüber informieren, warum E-Bike-Nutzer auf eine Akku-Reparatur verzichten sollten – aus technischer, rechtlicher, ökologischer und haftungsrechtlicher Sicht – trotz des zunehmenden Angebots auf dem Markt für Aufarbeitung, Reparatur beziehungsweise Wiederaufarbeitung von gebrauchten E-Bike-Akkus.
Laut Conebi scheine die Reparatur oder Wiederaufarbeitung von Batterien zunächst ökologisch und ökonomisch sinnvoll. Conebi warnt jedoch vor der Reparatur und Wiederaufarbeitung von E-Bike-Akkus aufgrund schwerwiegender Sicherheitsbedenken. Auch Haftung, Einhaltung von Gesetzen und technischen Normen sowie Zertifizierung seien komplex und würden von vielen Akteuren nicht klar verstanden.

Unterschiedliche Definitionen

Der Verband unterscheidet dabei zwischen Erneuerung, Wiederverwendung, Reparatur und Wiederaufbereitung: 
  • Die Erneuerung umfasst lediglich die kosmetische Wartung eines Akkupacks, um ihn wieder in einen Originalzustand zu versetzen. Dies betrifft nicht den Austausch oder die Änderung von Teilen des Akkupacks, mit Ausnahme von nicht sicherheitsrelevanten Teilen im Sinne des Originalherstellers. Die Erneuerung kann BMS-Updates gemäß den Spezifikationen des Originalherstellers enthalten, und diese Updates dürfen nur mit Tools und Software durchgeführt werden, die offiziell vom Originalhersteller bereitgestellt werden. Die Zertifizierung des Akkus bleibt hierbei intakt.
  • Die Wiederverwendung eines Akkus umfasst die Verwendung eines vollständigen und unveränderten Akkupacks für einen nicht originalen Zweck, beispielsweise in einer stationären Speicheranwendung statt in einem E-Bike. Der Akku muss hierbei für den neuen Anwendungszweck rezertifiziert werden
  • Die Reparatur beschreibt Änderungen, die an einer Originalbatterie mit Fehlfunktion vorgenommen werden, um einen voll funktionsfähigen Akku zu erhalten. Hierbei muss der gesamte Zertifizierungsprozess erneut durchlaufen und Sicherheitsstandards eingehalten werden.
  • Die Wiederaufbereitung eines Akkus erfolgt durch Änderungen am Batteriepaket und den Austausch sicherheitsrelevanter Teile. Es beinhaltet auch jedes Verfahren am Akku, das vom Originalhersteller nicht zugelassen ist. Auch hier muss der gesamte Zertifizierungsprozess erneut vorgenommen und Sicherheitsstandards abgenommen werden.

Gründe für die Warnung

  • Technische Bedenken: Derzeit gibt es laut Conebi keine soliden technischen Rahmenbedingungen für die Reparatur oder Wiederaufbereitung von E-Bike-Akkus, die sich an der Typzulassung von Batterien und damit an klar definierten Teileanforderungen, Produkt-/Produktionsprozessqualität, Produktverantwortung und -zertifizierung sowie Aspekte der Transportsicherheit und der Sicherheitsprüfung von Akkus orientiert. Ohne diesen Rahmen kann jede Art von Akkureparatur oder -Wiederaufarbeitung zum Verlust der Typzulassung und zu unkontrollierten, potenziell unsicheren Situationen während des tatsächlichen Gebrauchs führen.
  • Weiterhin verweist Conebi auf die Testanforderungen für Lithium-Ionen-Batterien, um sie für eine Serienproduktion zuzulassen. Bei einer Reparatur oder Wiederaufarbeitung von Akkus handelt es sich jedoch um gebrauchte Batterien. Dabei sind die Zellen oft einzigartig oder inhomogen, sodass Batterien aus gebrauchten Zellen zusammengestellt oder sogar aus einer Mischung aus alten und neuen Zellen hergestellt werden. Dies kann kein Serienmodell eines Akkus darstellen. Ein reparierter oder wiederaufbereiteter Akku entspricht somit laut Conebi nicht mehr dem Typtest des Original-Akkus und ist daher mit diesem nicht mehr konform, wodurch die Zertifizierung hinfällig ist. Ähnliche Test- und Konformitätsprobleme können demnach auch beim Wechsel des Batteriemanagementsystems (BMS) eines E-Bike-Akkus auftreten.
  • Rechtliche Bedenken: Die Sicherheitsprüfungen der Batterien sind eng mit den Rechtsvorschriften für den Transport gefährlicher Güter und Waren verknüpft. Das Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR) ist dabei das umfassende Grundregelwerk mit Vorschriften zur Klassifizierung, Verpackung, Kennzeichnung und Dokumentation von Gefahrgütern, für die Handhabung beim Transport und für die Transportfahrzeuge. Das ADR wurde im Europäischen Recht umgesetzt und ist daher eine Anforderung für den Transport zwischen den Mitgliedstaaten in der Europäischen Union sowie für den innerstaatlichen Transport. Nach diesem Grundregelwerk sind nicht nur Baumusterprüfungen erforderlich, sondern es gelten auch besondere Vorschriften zum Transport von Batterien, wie UN-zugelassene Kennzeichnung, Verpackung und Transport. Reparierte und wiederaufbereitete Batterien müssen für den Transport typgeprüft sein. Darüber hinaus müssen auch Dienstleistungen, die die Reparatur und Wiederaufarbeitung von Batterien anbieten, den einschlägigen Vorschriften zu Lagerungs-, Sicherheits- und Transportanforderungen für E-Bike-Akkus entsprechen.
  • Umweltbedenken: Conebi nennt bei der Reparatur und Wiederaufarbeitung von E-Bike-Akkus auch Unsicherheiten bezüglich der Nachhaltigkeit. In den meisten bekannten Fällen ersetzen Service-Anbieter alle alten Zellen durch neue. Dies führt zu einem Austausch vieler Komponenten im Akkupaket und damit zu einem Austausch des Großteils der Rohstoffe.
  • Haftungsbedenken: Zudem sollten sich Endverbraucher darüber im Klaren sein, dass ein Öffnen oder Modifizieren des Akkus zum Erlöschen von Gewährleistungs- und Garantieansprüchen führen kann. Außerdem ist es ungewiss, ob die Versicherung bei möglichen Schäden, die bei einer reparierten oder wiederaufbereiteten Batterie auftreten oder durch diese verursacht werden, greift. Es sollte daher Sache der Original-Batteriehersteller sein, zu entscheiden, wer zur Wiederaufbereitung berechtigt ist und wie die Sicherheit der Produkte sowohl für den Transport als auch für den Verbraucher gewährleistet werden kann.
Conebi weist darauf hin, dass es derzeit keine klaren Regeln für Reparatur- und Wiederaufbereitungsservices gibt, um mit den Originalherstellern zusammenzuarbeiten oder Akkus neu zu zertifizieren. Besteht ein Dienstleister auf die Reparatur oder Wiederaufarbeitung von Batterien unabhängig von den verschiedenen genannten Sicherheits- und Rechtsfragen, ist der Dienstleister dazu verpflichtet, alle Spuren (einschließlich des Etiketts) des ursprünglichen Herstellers zu entfernen und diese durch eindeutige Informationen zum Dienstleister, der die Batterie repariert oder wiederaufbereitet hat, zu ersetzen. Dieser Dienstleister wird rechtlich zum neuen Hersteller der Batterie mit allen gesetzlichen Anforderungen, so Conebi.

Empfehlungen von Conebi

Conebi zeigt sich als Befürworter der ausschließlichen Verwendung von Original-OEM-zertifizierten Batterien für E-Bikes. E-Bike-Batterien haben laut Verband eine Lebensdauer von sieben bis zehn Jahren im Vergleich zu anderen Verbraucherprodukten wie Mobiltelefonen, deren Batterien eine viel kürzere Lebensdauer haben (durchschnittlich drei bis fünf Jahre). Aufgrund der genannten Bedenken rät Conebi Endkonsumenten dringend davon ab, Reparatur- und Wideraufbereitungsservices für E-Bike-Akkus zu nutzen. Der Verband empfiehlt den Neukauf. 
Die E-Bike-Industrie suche nach Möglichkeiten, die Umweltauswirkungen ihrer Produkte zu verbessern, die Lebensdauer von Akkus zu verlängern und die Reparatur von Akkus mit zertifizierten Prozessen in Zukunft möglich zu machen. Batterieexperten arbeiten demnach bereits an der Entwicklung eines strengen Regelwerks zur Definition eines zertifizierten Prozesses zur Reparatur von E-Bike-Akkus unter Berücksichtigung von Sicherheit, Bauartzulassung und allen notwendigen Zertifizierungen sowie des Umweltaspekts. 
Letztendlich seien die Sammlung und das Recycling von E-Bike-Akkus am Ende ihrer Lebensdauer unumgänglich. Diese Regelungen stellen sicher, dass Batterien und die in Batterien verwendeten Rohstoffe auf sichere und kontrollierte Weise zurück in die Kreislaufwirtschaft geführt werden. In Kombination mit geschlossenen Recyclingsystemen biete dieser Weg die höchste Produktleistung, den sichersten Betrieb und die geringste Umweltbelastung.



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