Ziel: mehr Sicherheit 17.08.2017, 11:02 Uhr

Fraunhofer-Institut und ZEG planen neue E-Bike-Normen

Die Zweirad Einkaufsgenossenschaft und das Fraunhofer-Institut wollen in einem gemeinsamen Forschungsprojekt neue Standards für Pedelecs entwickeln.
Ein MTB-Pedelec im Praxistest, ausgerüstet mit Messtechnik zur Erfassung der Betriebslasten an Sattel, Lenker, Gabel, Pedalen und Bremsen.
Die „Qualitätsinitiative E-Bikes“ soll Pedelecs sicherer und zuverlässiger machen. Nach Ansicht der Darmstädter Forscher und des Kölner Händlerverbands sind die derzeit geltenden Normen zur Prüfung der Festigkeit und Fahrsicherheit für Pedelecs teilweise wissenschaftlich nicht belastbar. Dies soll durch entsprechende anwendungsorientierte Forschungs- und Entwicklungsarbeiten überwunden werden. Ziel seien ein wissenschaftlich belastbarer Qualitäts- und Sicherheitsstandard für Pedelecs.
So will das Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF festgestellt haben, dass beispielsweise die Laufleistung oder das zulässige Gesamtgewicht, außer bei der Bremsprüfung, nicht berücksichtigt wird, obwohl es je nach Modell stark variieren kann. Ein weiteres Defizit sei die fehlende Beachtung fahrdynamischer Effekte wie das Lenkerflattern. „Für Hersteller bieten die aktuell geltenden Normen und Richtlinien keine ausreichende Vorgabe, um Pedelecs nach dem Stand von Wissenschaft und Technik mechanisch zu prüfen. Vorhandene Normenentwürfe können den Herstellern als Leitfaden dienen, jedoch zweifeln wir an, dass die dort beschriebenen Prüfungen eine anspruchsvolle Nutzung durch den Kunden ausreichend abdecken“, betont Marco Jackel, im Fraunhofer-Institut verantwortlich für das Projekt. 
Da wesentliche Basisdaten zur Einstufung der Sicherheit von Pedelecs nach Angaben des Instituts nicht oder kaum zur Verfügung standen, wollen die Darmstädter Forscher nach der Analyse der Normen Pedelecs im praktischen Einsatz genau untersucht haben. Dazu definierten sie nach eigenen Angaben anhand von Händlerbefragungen die verschiedenen Nutzertypen und deren Fahrstrecken. Die Fahrertypen wurden nach Gewichtsverteilung betrachtet. Im Fokus sollen die Laufleistungen der Bikes und die Art ihrer Nutzung in der Praxis, ob in der Freizeit, im Alltag oder im Urlaub sowie die Zuladung und Streckenprofile gestanden haben. Auch sei nach E-Mountainbikes und E-Stadträdern unterschieden worden.
Um Betriebslasten und Schwingungen praxisnah untersuchen zu können, entwickelten die LBF-Wissenschaftler nach eigener Aussage auf Grundlage der ermittelten Ergebnisse ein Programm von Messfahrten, Versuchen auf Prüfständen und Simulationen. Im Mittelpunkt hätten Messfahrten gestanden, bei denen Daten zu den auftretenden Betriebslasten gewonnen wurden. Bei diesen Touren sollen Parameter wie Fahrergewicht, Zuladung, Geschwindigkeit, Streckenprofile aber auch das Fahren über Bordsteinkanten oder Absätze so erfasst und variiert worden sein, dass sie den aus den Felduntersuchungen bekannten Merkmalen entsprachen.
So will das Institut erkannt haben, woran es bei der derzeitigen Prüfung von Pedelecs fehlt. „So bildet die geltende Norm die Betriebslasten und den damit verbundenen Schädigungseintrag teilweise unzureichend ab. Dies kann zu einem vorzeitigen Versagen sicherheitsrelevanter Bauteile führen“, erklärt Jackel. Die Abhängigkeit der Betriebslasten vom Gesamtgewicht, das heißt von Bike-, Fahrer- und Zuladungsgewicht, soll deutlich erkennbar sein. „Das ist bei der Festlegung von Prüflasten zu berücksichtigen“, so der LBF-Forscher.
Darüber hinaus will das Fraunhofer LBF nachweisen, dass sich die Betriebslasten von Elektro-Mountainbikes und klassischen E-Bikes signifikant unterscheiden. Der derzeitige Normentwurf berücksichtige die höheren Lasten beim Geländeeinsatz von Elektro-Mountainbikes nicht. Dies müsste bei der Ableitung von Prüflasten berücksichtigt werden, finden die Darmstädter Forscher. Außerdem konnten sie nach eigener Aussage zeigen, dass sich das Schwingungsphänomen Lenkerflattern auf einem Prüfstand nachstellen lässt und somit eine Weiterentwicklung zu einer Prüfmethode möglich ist.
Im weiteren Verlauf des Forschungsprojektes soll es darum gehen, aus den ermittelten Bemessungs- und Betriebslasten Prüflasten abzuleiten, Prüfungsmethoden und Prüfstandskonzepte zu überprüfen und gegebenenfalls weiter zu entwickeln. Am Ende soll ein dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechender Standard formuliert werden. Einen Entwurf hierzu kündigt das Fraunhofer LBF zusammen mit der ZEG zum Jahresende an.


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