Experteninterview 05.02.2025, 12:50 Uhr

Ist der Absturz der Element Insurance AG eine Lektion für die Branche?

Mit preiswerten Produkten hat Element versucht, sich Marktanteile zu sichern. Doch nun ist der White-Label-Versicherer insolvent und wird abgewickelt. Sören Hirsch, Bereichsleiter Bike bei Linexo by Wertgarantie, hofft, dass ein Umdenken auf dem Markt erfolgt.
Sören Hirsch, Prokurist und Bereichsleiter Bike bei Linexo.
(Quelle: Linexo by Wertgarantie)
SAZbike: Herr Hirsch, die insolvente Element AG war ein sogenannter White-Label-Versicherer, der Weißprodukte angeboten hat. Was bedeutet das genau?
Sören Hirsch: Dabei handelt es sich um Versicherungsprodukte, die nicht unter dem Label des Herstellers angeboten werden, sondern von einem anderen Händler unter dessen Namen vermarktet wird. Somit muss sich der Hersteller nicht um den Vertrieb kümmern. Im Fall von Element bedeutet das: Kaum ein Kunde von Element weiß, dass die Element AG letztlich der Risikoträger war. Elements Attraktivität rührte vor allem daher, dass es sehr preiswert war. Die Quintessenz kriegen jetzt aber die Kunden zu spüren, ohne dass sie es hätten erahnen können.

SAZbike: Sie haben zur Pleite von Element einen interessanten Linkedin-Post abgesetzt, in dem sie die Hoffnung auf ein Umdenken im Hinblick auf Versicherungen geäußert haben. Warum hat das Ende von Element für Sie so eine Prominenz?
Hirsch: Zunächst muss man anmerken, dass Element über die vergangenen Jahre quasi als das Insurtech-Unternehmen schlechthin gelobt wurde. Und es ist natürlich kein gutes Signal, wenn selbst solche Unternehmen es nicht schaffen. Aber natürlich haben wir es in der Fahrradversicherungsbranche auch mit einer wachsenden Konkurrenz zu tun. Neue Unternehmen kommen auf den Markt und versuchen, sich mit Dumping-Preisen Marktanteile zu erkaufen. Wo das hinführt, ist anhand von Element zu sehen. Wer nicht die notwendige Erfahrung hat, dann sollte man sehr vorsichtig auf dem Versicherungsmarkt agieren oder ganz die Finger von lassen, anstatt mit Dumping-Preisen zu agieren und die Kunden dann letztlich so im Regen stehen zu lassen. Denn solange das Insolvenzverfahren noch läuft, gibt es auch keine Schadenszahlungen für die Element-Kunden. Die Bafin sucht derzeit für den Versicherungsbestand Abnehmer, die diese Kunden übernehmen.

Händler unter Zugzwang

SAZbike: Inwiefern unterscheidet sich denn Linexo by Wertgarantie von diesen deutlich jüngeren Unternehmen?
Hirsch:  Kunden lassen sich recht stark vom Preis beeinflussen. Der Preis sollte nicht das Entscheidende sein, sondern es geht auch darum, dass man Erfahrungswerte hat – die haben wir seit 25 Jahren. Im Dienstleistungsbereich ist es entscheidend, welche Partner ich mich aussuche. Ist das z.B. ein Unternehmen mit viel Erfahrung am Markt, das deswegen sehr genau Tarife kalkulieren kann. Stabile Beiträge, die auch kostendeckend sind. Aber diese kann ich nur richtig kalkulieren, wenn ich die entsprechenden Erfahrungswerte am Markt habe, die wir seit 25 Jahren ansammeln. Wir haben einen Bestand von 600.000 Versicherungsverträgen und können ganz genau herausfinden, wann wir bei welchem Modell welche Art von Schäden erwarten. Das kann ein junges Unternehmen nicht wissen und daher auch nicht kalkulieren. Vielleicht sorgt diese Einsicht dafür, dass eben nicht nur der Preis im Fokus steht, sondern eben auch Erfahrung und Leistung.

SAZbike: Sie haben in ihrem Linkedin-Post über Element auch explizit den Fachhandel angesprochen. Was erwarten Sie von den Händlern?
Hirsch: Die entsprechenden Händler haben ihren Kunden dieses Produkt mit bestem Wissen und Gewissen empfohlen. Kriegt der Kunde den Schaden nicht ersetzt und ist verärgert, an wen wendet er sich denn dann? An den Händler, der ihm den Vertrag vermittelt hat! Daher kann ich den Händlern nur empfehlen, sich so schnell wie möglich mit dem betroffenen Unternehmen in Verbindung zu setzen und zu fragen, ob ihre Kunden davon betroffen sind. Es ist im Sinne des Handels, da Lösungen für die Kunden zu präsentieren.


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