Fahrrad- und E-Bike-Markt 2018
22.03.2019, 08:28 Uhr
ADFC: Schlechte Infrastruktur bremst Fahrradindustrie
Anlässlich der vom Zweirad-Industrie-Verband gestern vorgestellten Jahresbilanz der Fahrradwirtschaft 2018 kritisiert der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) die wenig fahrradfreundliche Verkehrspolitik: Diese bremse die Fahrradbranche aus.
Enge Straßen und fehlende bauliche Trennung des Radwegs von der Straße führen zu bedrohlichen Situationen.
(Quelle: ADFC)
Die unzulängliche Radinfrastruktur von Bund, Ländern und Kommunen in Deutschland bremse das wirtschaftliche Wachstum der Zweiradbranche, so der ADFC. Ein Blick in die benachbarten Niederlande zeige, dass die Umsätze bei besserem Infrastrukturangebot deutlich höher sein könnten.
ADFC-Bundesgeschäftsführer Burkhard Stork sagt: „Es reicht nicht, das Fahrrad als sauberes und gesundes Verkehrsmittel zu loben – und Radfahrerinnen und Radfahrer mit größtenteils unzumutbarer Infrastruktur abzuspeisen. Die schlechten oder ganz fehlenden Radwege und Fahrradparkanlagen sind nicht nur eine Bremse für die dringend nötige Verkehrswende, sondern sie deckeln auch das Wachstum der deutschen Fahrradindustrie.“
ADFC: Gedämpfte Stückzahlen, trotz Pedelec-Boom
Mehrere Jahre war der Gesamtabsatz von Fahrrädern und Pedelecs in Deutschland rückläufig – von 4,36 Millionen Stück in 2015 sank er auf 3,85 Millionen Stück in 2017. Der erfreuliche Anstieg im Jahr 2018 auf 4,18 Millionen Stück ist nach Ansicht des ADFC in erster Linie dem sehr guten Wetter zu verdanken. Zwar seien die Bundesbürger bereit, immer mehr Geld in Fahrräder zu investieren – der durchschnittliche Verkaufspreis pro Rad stieg von 557 Euro in 2015 auf 756 Euro in 2018. Aber der Vergleich mit den Niederlanden zeige, dass ein wirklich fahrradfreundliches Verkehrsumfeld deutlich höhere Umsätze ermögliche.
Niederländer investieren deutlich mehr in Fahrräder…
Dort in den Niederlanden liege der durchschnittliche Verkaufspreis pro Rad mit 1.176 Euro deutlich höher. Auch beim Fahrradbesitz überträfen die Niederländer die Deutschen bei Weitem: Während in Deutschland auf jeden Einwohner durchschnittlich 0,8 Fahrräder kämen, seien es in den Niederlanden 1,35. Der Marktanteil der etwas teureren Elektro-Räder an allen Fahrrädern liegt bei den Nachbarn bei 40 Prozent, in Deutschland bei 23 Prozent. Insgesamt hatte die Niederländische Fahrradindustrie 2018 einen Umsatz von 1,22 Milliarden Euro. Bei rund 17 Millionen Einwohnern ist das ein Pro-Kopf-Umsatz von 71,76 Euro pro Jahr. In Deutschland (Gesamtumsatz: 4,18 Milliarden Euro) liegt der Pro-Kopf-Umsatz pro Jahr bei nur 50,36 Euro.
…und in Fahrrad-Infrastruktur
Pro Jahr investiert der niederländische Staat laut ADFC pro Einwohner etwa 30 Euro in das weltweit am besten ausgebautes Radwegenetz, Radschnellwege und großzügige Fahrradparkhäuser. In Deutschland sollen die Investitionen in Radinfrastruktur bei unter 5 Euro pro Kopf liegen. Der Erfolg der niederländischen Investitionen lasse sich auch am Nutzungsverhalten ablesen: Dort sollen die Einwohner im Durchschnitt über 1.000 Kilometer im Jahr mit dem Rad zurücklegen, in Deutschland nur 400. Auch der Radverkehrsanteil am Gesamtverkehr sei bei uns um zwei Drittel niedriger: In den Niederlanden liege er bei knapp 30 Prozent, in Deutschland nur bei elf Prozent (ohne Fernverkehr, also Autobahnen). Die wachsende Unzufriedenheit mit dem Infrastrukturangebot und das Unsicherheitsgefühl der Radfahrer in Deutschland sind durch mehrere Studien belegt. Der ADFC fordert mehr Platz für den Radverkehr, hochwertige Radwege in durchgängigen Netzen sowie Fahrradparkplätze an allen Gebäuden mit dem Ziel, mindestens jede dritte Autofahrt auf das Rad zu verlagern.