Radverkehrspolitik in Hessen 16.11.2017, 07:51 Uhr

Politiker diskutierten auf Liegerädern

Das hessische Verkehrsministerium in Wiesbaden lud zur Podiumsdiskussion „Vom Laufrad zur digitalen Mobilität“. Diskutiert wurde aus dem Liegeradsattel heraus.
Von links: Volkhard Malik, Paul Hollants, Stefan Janke, Michael Adler, Claudia Jäger, Wolfgang Herda, Prof. Dr. Petra Schäfer.
Am Dienstag Abend rollten Volkhard Malik (Verkehrsverbund Rhein-Neckar), Paul Hollants (HP Velotechnik), Stefan Janke (ADFC Hessen), Michael Adler (Moderation, Chefredakteur VCD-Magazin Fairkehr), Claudia Jäger (Erste Kreisbeigeordnete Kreis Offenbach), Wolfgang Herda (ADAC Hessen-Thüringen), Prof. Dr. Petra Schäfer (Frankfurt University of Applied Sciences) auf Trikes in den Plenarsaal des hessischen Landeshaus herein und diskutierten aus den Liegeradsitzen heraus.
Anlass waren drei Fahrradjubiläen: Neben Karl von Drais' Erfindung der Laufmaschine vor 200 Jahren sind das Hessens Radfernwege, die vor 25 Jahre eröffnet wurden, sowie der Radroutenplaner Hessen, den das Land vor zehn Jahren freigeschaltet hat.
Diese Projekte würdigten die Teilnehmer der Diskussionsrunde als hessische Errungenschaften, formulierten aber in ihren Statements einen dicken Aufgabenkatalog an die Politik. Stefan Janke vom ADFC-Vorstand in Hessen prangerte die fehlende Sicherheit im Verkehr für schwächere Teilnehmer wie Radler und Fußgänger an, da halte die Politik nicht Schritt mit der Entwicklung. Die Verkehrswissenschaftlerin Professor Petra Schäfer von der Frankfurt University of Applied Sciences erläuterte, dass ihr Team in beratender Funktion für die Politik zuletzt dem Ansinnen der Autolobby nach mehr Platz entgegen getreten sei. Unter dem Beifall der mehr als hundert Besucher sagte sie mit Blick auf immer dickere SUVs: „Wir sagen: keine breiteren Straßen, keine größeren Parkplätze.“ Volkhard Malik vom Verkehrsverbund Rhein-Neckar warnte die Politik vor zu langsamem Handeln: Jetzt sei das Geld da, wenn die notwendige Infrastruktur für mehr Radverkehr nicht schnell geschaffen werde, sei es zu spät.
Paul Hollants, Geschäftsführer des Liegeradherstellers HP Velotechnik, der das Podium gewissermaßen bestuhlt hatte, wies als Vertreter der Fahrradindustrie auf die Potenziale der E-Bikes hin. „Tempo 30 sowohl für Rad als auch Auto in der Stadt sind machbar.“ Zudem sollten Politik und Verwaltung die Möglichkeiten von S-Pedelecs als Pendler-Fahrzeuge nutzen. Passend dazu führt Claudia Jäger, als Erste Kreisbeigeordnete des Landkreises Offenbach eine der Adressaten, aus, man habe in den letzten Jahren „große Anstrengungen unternommen, um entsprechende Wege für Radpendler in der auf Frankfurt zentrierten Region zu schaffen.“ Was Hollants mit dem Hinweis konterte, dass man dann künftig noch viel stärker das Augenmerk auf Park- und Abstellmöglichkeiten für Velos legen müsse. Wolfgang Herda (ADAC Hessen-Thüringen) betonte, sein Verein verfolge mittlerweile einen „integrativen Ansatz“. Seine Aussage, man sehe Radler heute als „gleichberechtigt“ an, quittierte das Publikum mit Beifall.
Bei der Geburtstagsfeier für die hessischen Radfernwege und den Radroutenplaner zuvor habe Hessens Wirtschafts- und Verkehrsministers Tarek Al-Wazir gesagt: „Angebote wie diese beiden hessischen Projekte schaffen attraktive Rahmenbedingungen fürs Fahrradfahren und fördern damit die Radnutzung. Wir wollen weiter in diese Richtung gehen und das Fahrrad zu einem wichtigen Element der Verkehrswende machen.“
1992 sei auf Initiative des Landes damit begonnen worden, den Fahrradtourismus in Hessen zu entwickeln. Seither koordiniere das hessische Verkehrsministerium das landesweite Netz von Radfernwegen, das inzwischen auf 3300 Kilometer gewachsen sein soll. Der Radroutenplaner Hessen soll seit 2007 online sein und soll gemeinsam mit dem Radroutenplaner NRW der erste seiner Art gewesen sein. 2009 wurde er nach offiziellen Angaben um ein Mängelmeldesystem ergänzt, das mit dem Deutschen Fahrradpreis ausgezeichnet worden sein soll.



Das könnte Sie auch interessieren