Urteil des Bundesgerichtshofs
12.01.2022, 11:58 Uhr
Corona und Lockdowns: Mietminderung für Händler möglich
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass einige Gewerbemieter in Folge des staatlich verordneten Corona-Lockdowns einen Anspruch auf Mietminderung haben.
Der Bundesgerichtshof begründet die Entscheidung mit der Störung der Geschäftsgrundlage für Einzelhändler.
(Quelle: Shutterstock / nitpicker)
Begründet wird dies mit der Störung der Geschäftsgrundlage. Dieser Anspruch gelte allerdings nicht pauschal, so der BGH. Es müssten immer alle Umstände des konkreten Einzelfalls wie Umsatzeinbußen, staatliche Hilfen und Versicherungsleistungen berücksichtigt werden, so die Entscheidung der Richter am Bundesgerichtshof. Mieter und Vermieter seien durch die staatlichen Maßnahmen im Kampf gegen die Corona-Pandemie belastet, keine Seite trage jedoch alleine Verantwortung. Halbe/Halbe-Aufteilungen der Miete, wie sie in der Praxis bislang wohl Anwendung fanden, seien aber nicht in jedem Fall angemessen.
Im konkreten Fall ging es um eine Filiale des Textil-Discounters Kik im Raum Chemnitz, die vom 19. März bis zum 19. April 2020 schließen musste und für die der Vermieter die volle Miete von rund 7.850 Euro will. Das Oberlandesgericht Dresden hatte entschieden, dass Kik nur etwa die Hälfte zahlen muss. Der Bundesgerichtshof hob dieses Urteil auf, das Gericht in Dresden muss die Sache noch einmal verhandeln.
HDE begrüßt Urteil
Der Handelsverband Deutschland (HDE) begrüßt das Urteil. Der BGH habe heute deutlich gemacht, dass die Belastungen durch die Corona-Pandemie und die damit verbundenen staatlichen Maßnahmen in gewerblichen Mietverhältnissen nicht von vornherein ausschließlich vom Einzelhändler als Mieter zu tragen sind. Richtigerweise seien die Risiken daher zwischen den Parteien in einem angemessenen Verhältnis und unter Berücksichtigung des konkreten Einzelfalls zu teilen.
Der Vertragsanpassungsanspruch sei von der spezifischen Situation im Einzelfall abhängig, so der HDE, und pauschale Lösungen kämen nicht in Betracht. Wichtig sei, dass nach der Rechtsprechung bei der Einzelfallbetrachtung nur das konkrete Mietobjekt wichtig ist. Für den Anspruch auf Vertragsanpassung sind damit Konzernumsätze (z. B. aus dem Online-Handel) oder Rücklagen des Unternehmens aus der Vergangenheit irrelevant. Staatliche Unterstützungsleistungen, die für das konkrete Ladengeschäft gewährt werden, sind aber richtigerweise zu berücksichtigen, auch um eine Überkompensation zu vermeiden. Staatliche Darlehen schaffen dagegen keine dauerhafte Entlastung für den Einzelhändler und können sich nach der Rechtsprechung daher nicht auf den Vertragsanpassungsanspruch auswirken, so der HDE.
Fahrradhandel aktuell selten betroffen
Kurz zusammengefasst: Wer nach Ermessen der Gerichte genug Umsatz erwirtschaftet, kann die Miete nicht mindern. Für den derzeit oft umsatzstarken Fahrradeinzelhandel dürfte dies im Allgemeinen bedeuten, dass aktuell eher wenige Händler ihre Ladenmiete mindern können. Dafür müsste schon der Umsatz entsprechend einbrechen, was bei wenigen Fahrradgeschäften der Fall ist. Diese wenigen jedoch können mit diesem Urteil die Ladenmiete mindern.