EU-Kommission bestätigt
22.02.2022, 14:15 Uhr
Kettenlose Elektroräder werden als EPAC eingestuft
Der Branchenverband Leva-EU hat die Europäische Kommission davon überzeugt, dass Serien-Hybrid-Fahrräder EPACs (Elektromotorisch unterstützte Räder) sind.
Die Europäische Kommission bestätigt offiziell, dass mit einem Serien-Hybrid (SH)-System ausgestattete Elektrofahrräder EPACs sind – und damit Kraft der Verordnung 168/2013, Artikel 2.2(h) von der L-Kategorie ausgenommen sind und nicht deren Auflagen zu Helm, Führerschein oder Kennzeichen unterliegen. Die Kommission bestätigt auch, dass die Auslegung von allen EU-Mitgliedsstaaten akzeptiert wurde. Damit dürfen sie wie Fahrräder benutzt werden, man darf sie auf dem Radweg fahren.
Laut Leva-EU beendet diese Erklärung ein fast fünfjähriges Problem, das eine Bedrohung für die Entwicklung und den Erfolg von Elektrofahrrädern im Allgemeinen und Elektro-Lastenfahrrädern im Besonderen darstellte. Natürlich ist diese Technologie ein Nischenprodukt, so wollte Leva-EU auch nicht mitteilen, welche Hersteller denn konkret davon betroffen sind. Doch auch Hersteller wie der Automobilzulieferer Schaeffler investieren in den Antrieb ohne Übertragungsstrang.
Hintergrund
Im Jahr 2018 erhielten mehrere deutsche E-Bike-Händler eine offizielle Abmahnung von Kraftfahrt Bundesamt (KBA). Beim weiteren Verkauf eines Elektrofahrrads ohne Kette als EPAC drohte das KBA mit einem Bußgeld von 5.000 Euro. Das betreffende Elektrofahrrad unterschied sich von anderen Fahrrädern durch eine fehlende Kette. Stattdessen verfügte es über ein sogenanntes „Serien-Hybrid (SH)“-System. Leva-EU und seine Mitglieder verkünden nun nach knapp fünf Jahren, dass man die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten davon überzeugen konnte, dass Serienhybrid-Fahrräder doch als EPACs gelten.
Ein EPAC (Electrically Power Assisted Cycle) ist ein pedalunterstütztes Fahrrad mit einer Maximalgeschwindigkeit von 25 km/h und maximalen Leistung von 250 Watt, das nach Artikel 2.2(h) von der Verordnung 168/2013 („Festlegung harmonisierter Vorschriften für die Typgenehmigung von Fahrzeugen der Klasse L“) ausgenommen ist. Ein Fahrzeug mit einem Serien-Hybridantriebssystem hat keine mechanische Kette. Stattdessen geht die Energie direkt von einem Tretgenerator in den Motor über. Nach damaligen Angaben des KBA benötigen solche Fahrzeuge eine Typgenehmigung in der Klasse L. Später unterstützte auch das Bundesverkehrsministerium die Position des KBA. Einige Jahre zuvor hatte die niederländische Zulassungsbehörde RDW jedoch in einer förmlichen Erklärung bestätigt, dass sie ein mit einem Serien-Hybridsystem ausgestattetes Elektrorad als EPAC betrachtet, das von der Verordnung 168/2013 ausgenommen ist.
In der Zwischenzeit begannen laut Leva-EU immer mehr Unternehmen mit der Entwicklung von SH-Systemen, und insbesondere Hersteller von E-Motorrädern entdeckten die Vorteile des Systems für ihr Fahrzeug. Da das System weniger mechanische Teile hat, sind laut Leva-EU Verschleiß und Wartungskosten geringer. Zudem ermöglicht das SH-System auch eine Rückfahrfunktion, was besonders für E-Lastenfahrräder oder andere EPACs mit mehr als zwei Rädern interessant ist.
Die Position von Leva-EU
Leva-EU habe sich von Beginn der Kontroverse an verpflichtet, seine Mitglieder in der SH-Problematik zu unterstützen. Ein erstes Treffen mit der Europäischen Kommission im Jahr 2018 führte zu keinem Ergebnis. Auch bei ISO, CEN und IEC haben sich die Leva-EU-Experten dafür eingesetzt, dass SH-Systeme von ISO-, CEN- und IEC-Normen erfasst werden.
Ende des letzten Jahres kam es zu einem erneuten Treffen zwischen Leva-EU und der Europäischen Kommission. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Fachverband zwölf Mitglieder, die von der Ungewissheit betroffen waren. Zusammen mit diesen Mitgliedern erläuterte Leva-EU der Kommission die technischen Aspekte des Systems sowie sein Marktpotenzial. Im Anschluss an diese Beratung fand ein Treffen der Kommission mit den EU-Mitgliedstaaten statt.
Europäische Kommission schafft Klarheit
Bei diesem Treffen stellte die Kommission Folgendes zu den Anforderungen klar, die von Pedalrädern erfüllt werden müssen, um die Anforderungen von Artikel 2.2(h) der Verordnung 168/2013 zu erfüllen:
- Ausgestattet mit einem elektrischen Hilfsmotor mit einer maximalen Nenndauerleistung von 250 Watt.
- Der Motor wird abgeschaltet, wenn der Radfahrer oder die Radfahrerin aufhört zu treten.
- Die Motorunterstützung wird schrittweise reduziert und schließlich vor Erreichen von 25 km/h abgeschaltet.
- Die Hilfsfunktion des Motors bedeutet, dass das Fahrzeug nicht allein durch den Motor angetrieben werden kann, ohne in die Pedale zu treten (außer bei der Gehhilfe bis zu 6 km/h).
- Der Motor leistet nur so lange Unterstützung, wie der Radfahrer oder die Radfahrerin kontinuierlich in die Pedale tritt.
- Ob das Fahrzeug eine Kette hat oder nicht, wird nicht berücksichtigt, um unter diese Ausnahmeregelung zu fallen: Einhaltung der Technologieneutralität.