Unfallforschung der Versicherer 31.08.2022, 13:48 Uhr

Siegfried Brockmann unterstützt Forderung nach Höchstgewicht für Pedelecs

Der wachsende Lastenradverkehr hat eine Branchendiskussion über deren Höchstgewicht ausgelöst. Die Unfallforschung der Versicherer meint: Es braucht eine gesetzliche Obergrenze.
Siegfried Brockmann, Leiter der Unfallforschung der Versicherer
(Quelle: Unfallforschung der Versicherer)
Auf dem Verkehrsgerichtstag diskutierten Fachleute, wie man den Radverkehr sicherer machen kann. Der Unfallexperte Siegfried Brockmann, Leiter der Unfallforschung der Versicherer (UDV) fordert jetzt mit dem Arbeitskreis Radverkehr des Verkehrsgerichtstags den Gesetzgeber auf, Maße und Gewichte von Pedelecs, zuvorderst also von Lastenrädern und Gespannen, für die Einstufung als Fahrrad zu begrenzen.

Maximalmaße und -gewicht für Pedelecs festlegen

Die Verkaufszahlen von Lastenfahrrädern und Anhängern steigen stark, dazu kommen immer mehr Um-, An- und Aufbauten, vereinzelt gar mit gleich zwei Anhängern im Schlepptau. „Einige Pedelecs werden immer länger, breiter und schwerer. Diese Maße und Risiken sind mit denen von herkömmlichen Rädern nicht mehr vergleichbar“, sagt Brockmann und plädiert darum für eine gesetzliche Obergrenze für Maße und Gewicht von Pedelecs.
Bisher existiert nämlich keine gesetzliche Obergrenze für das zulässige Gesamtgewicht eines Pedelecs. Vorgeschrieben sind nur die maximal 250 Watt Nenndauerleistung, die Einhaltung der Maschinenrichtlinie und eine CE-Kennzeichnung, für die der Hersteller selber verantwortlich ist. Auch die Prüfgrenzen von 250 Kilogramm (einspurige Lastenräder) und 300 Kilogramm (mehrspurige Lastenräder) der Deutschen Industrie Norm 79010 sind kein Gesetz. Manche von den Herstellern als Schwerlastenräder bezeichnete Modelle werden also legal schwerer beladen und dürfen trotzdem wie Fahrräder ohne Helm, Kennzeichen, Versicherung und Führerschein auf dem Radweg benutzt werden.
Ähnliches fordert auch der Zweirad-Industrie-Verband (ZIV): Tim Salatzki, Technischer Geschäftsführer des ZIV, findet, dass Lastenräder stärker reguliert gehören, sogar unabhängig vom zulässigen Gesamtgewicht: „Gerade in der Lastenradbranche ist dies sinnvoll, denn so beeindruckend die Innovationskraft ist, so herrscht aktuell doch noch ein gewisser Wildwuchs. So ist nicht immer sichergestellt, dass die Lasträder auch wirklich den Belastungen des täglichen Einsatzes standhalten werden. Auch werden bei elektrisch unterstützten Lastenrädern die Fragestellungen der elektrischen Sicherheit und der elektromagnetischen Verträglichkeit nicht immer im notwendigen Maß durch die Hersteller beachtet.“

Hersteller sollen Normen beachten

Die Entwicklung anhand der Normen ist natürlich trotzdem wichtig: Eine Norm gibt den aktuellen Stand der Technik wieder, und ein Hersteller, der sein Rad entsprechend einer Norm entwickelt und nach dieser von einem Prüfinstitut prüfen lässt, habe den ersten wichtigen Schritt getan, so Salatzki. Zusammen mit der verpflichtenden europäische Maschinenrichtlinie für Pedelecs und einer Risikoanalyse weist er damit die grundlegende Sicherheit seines Produkts nach. Die Risikoanalyse ist immer durchzuführen, da mit ihr überprüft werden kann, ob alle Risiken beachtet und minimiert wurden. „Das ist keine Voraussetzung für den Verkauf, kann für den Hersteller aber hilfreich bei einem Rechtsstreit sein“, rät Salatzki.

Pedelecs an die Leistungsfähigkeit der Fahrer anpassen

Der UDV-Mann Siegfried Brockmann will auch den Radverkehr jenseits der Lastenräder, also mit herkömmlichen Pedelecs, sicherer machen. Brockmann empfiehlt Endkunden und Endkundinnen den Kauf im Fachhandel, schon aus Sicherheitsgründen. Vor allem Senioren empfiehlt Brockmann, einen Fahrsicherheitskurs zu belegen. Er erneuerte auch seine Forderung, die Motorleistung an die Leistung des Fahrers oder der Fahrerin zu koppeln. Bereits im Juni hatte Brockmann eine Versicherungspflicht für Lastenräder gefordert.
Zumindest mit der Forderung nach einem Höchstgewicht dürfte Brockmann breite Unterstützung durch Pedelec-Hersteller erfahren, denn wenn Lastenräder oberhalb dieser Grenze nicht mehr als Fahrräder eingestuft würden, so wäre der Fahrradmarkt abgekoppelt von etwaigen Unfällen dieser schweren Lastenräder. Eine Sicherheitsdiskussion ums Pedelecs würde damit vermieden. Pedelecs würden dann weiter als Fahrräder eingestuft werden, ohne Führerschein, Helm und Versicherung genutzt werden dürfen und dürften weiter auf dem Radweg gefahren werden.


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