Zoff am Prüfstand
25.05.2022, 11:51 Uhr
Kinderradhersteller kritisieren Stiftung Warentest
Die Stiftung Warentest hat kürzlich zwölf Kinderfahrräder getestet. Über die Prüf- und Bewertungsmethoden kommen in Fachkreisen jedoch vermehrt Zweifel auf.
Die Hersteller Woom und Coolmobility kritisieren die Stiftung Warentest.
(Quelle: Stiftung Warentest)
Coolmobilty (Bielefeld) kritisiert die Abwertung seines Modells S’Cool „XX-Lite“ in der Stiwa-Ausgabe 6/2022 auf die Gesamtnote „mangelhaft“ aufgrund einer angeblich ungenügenden Bremsleistung als nicht nachvollziehbar. So erhielt Coolmobility nach eigener Aussage einige Monate vor Veröffentlichung der offiziellen Testergebnisse eine Auswertung zum Bremsergebnis ihres getesteten Models, bei welchem die Bremsleistung in allen Kategorien erreicht worden sei.
Eine mögliche Erklärung für das abweichende Ergebnis hat Axel Böse, Geschäftsführer von Coolmobility: „Anders als andere Fahrradmodelle werden die S‘Cool-Bikes für ein Gesamtgewicht von 80 Kilogramm ausgelegt, die Norm sind 70 Kilogramm. Um die Ergebnisse vergleichbar zu machen, wurden die Einzelergebnisse durch das Prüflabor hochgerechnet. Durch die künstliche Hochrechnung liegen diese auf diese Weise weit über der Norm – was aber nicht der tatsächlichen Realität entspricht.“
Coolmobility: Bremsbeläge waren falsch montiert
Auch hätten laut der vorab vorliegenden Auswertung keine gerade montierten Bremsbeläge am Rad vorgelegen, wie es bei einem Kauf im Fachhandel normalerweise der Fall ist. Ein Umstand, der einen enormen Einfluss auf das Testergebnis hat, erklärt das Unternehmen.
Auch der ZIV (Zweirad-Industrie-Verband) bemängelt die Testresultate der Stiftung Wartentest, welche „deutliche Unstimmigkeiten bei der Vormontage bzw. Voreinstellung von Bauteilen und der Einstellung der Bremse“ zeigen. „Durch die unzureichende Einstellung der Bremsen kann es zu einem Nichtbestehen der Bremsenprüfung kommen. Bei korrekter Einstellung der Bremse ist davon auszugehen, dass die geforderte Bremswirkung erreicht wird“, so der ZIV.
„Zweifel an einer fragwürdigen Testmethodik kombiniert mit einer reißerischen, möglichst medienwirksamen Berichterstattung der Stiftung Warentest kursieren in Fachkreisen schon länger. Die Tatsache, dass ebenfalls ein geringer Anteil Weichmacher im Sattel des S’Cool ‚XX-Lite‘-Rades bemängelt wurde, welcher bereits vor dem Test am Modell getauscht wurde, lässt erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Testergebnisses aufkommen“, teilt Coolmobility mit.
Woom: Testkriterien intransparent und nicht nachvollziehbar
Auch der österreichische Kinderradhersteller Woom ist mit der Abwertung des „Original 4“ auf „mangelhaft“ nicht einverstanden. Grund dafür ist auch hier ein Prüfstandtest: ein im Dauerbelastungstest der Stiftung Warentest aufgetretener Haarriss am Kurbelgewinde. „Dieser Dauerbelastungstest überprüft die Lebensdauer einzelner Komponenten und stellt keinesfalls die Sicherheit des Fahrrades in Frage“, so die Österreicher.
Die Testkriterien, die Stiftung Warentest anwendet, sehen sie äußerst kritisch: Teilweise lehne die Stiftung Warentest ihre Labortests an normierte Verfahren an, teilweise entwerfe sie eigene Tests mit eigenen Kriterien. Diese Testkriterien seien nach Ansicht von Woom aber nicht transparent und nachvollziehbar. Woom verweist auf eine Mitteilung des ZIV, dass unterschiedliche Prüfinstitute – selbst die renommierten, akkreditierten Testinstitute in Deutschland – die Normtests mit geringfügig unterschiedlichen Testbedingungen und unterschiedlichem Testaufbau durchführen. Wie auch der deutsche Zweirad-Industrie-Verband bestätigt, führt das immer wieder dazu, dass ein Produkt den gleichen Test bei dem einen Testinstitut besteht, beim anderen dann nicht mehr. Wie sich die Testverfahren so vereinheitlichen lassen, dass sie auch reproduzierbar werden, werde in Fachkreisen zur Zeit heftig diskutiert.
„Alle unsere Komponenten werden selbstverständlich nach den herrschenden Industriestandards von renommierten und akkreditierten Testinstituten in Deutschland getestet. Die Kurbeln waren bis dahin nicht auffällig. Bei Woom nehmen wir das Testergebnis jedenfalls zum Anlass, die Kurbel noch einmal auf Herz und Nieren zu prüfen. Sowohl die Qualität der Kurbel wird kontrolliert, als auch das Setup der Testverfahren“, teilt Woom mit.