Verbraucherbefragung 06.04.2020, 13:10 Uhr

Was lokale Händler in der Krise gut oder schlecht machen können

Das Beratungsunternehmen Shoplupe (Miesbach) hat Konsumenten nach ihren Bedürfnissen in der Krise befragt und welche Erwartungen sie an den lokalen Handel stellen.
Informationszettel im Schaufenster eines Einzelhändlers
(Quelle: Shoplupe)
In der nicht repräsentativen Fokusgruppendiskussion gibt das Unternehmen nun Einblick in die gewonnenen Erkenntnisse:
1. Die Kunden wollen den lokalen Handel unterstützen.
Die Diskussionen ergaben, dass die Verbundenheit mit lokalen Händlern bei den meisten Menschen groß sei - auch die Bereitschaft, lokal zu kaufen. Das Problem ist allerdings, dass viele nicht wüssten wie. Vor allem älteren Kundengruppen fehle oft der Zugang zu Informationen über alternative Bestellwege wie über lokale Online-Plattformen. Jüngere hingegen wüssten nicht, wie man einen geschlossenen Laden nun unterstützen könnte. Die vielen Zettel an den Schaufenstern mit Telefonnummern und Lieferangeboten würden nämlich nicht wahrgenommen – schließlich ist die Fußgängerzone leer. Wichtig ist daher, dass lokale Händler ihren Lieferservice auch publik machen und werben. Und zwar über digitale Kanäle wie z.B. Facebook als auch über Beilagen oder Anzeigen in regionalen Zeitungen. So sei sichergestellt, dass auch die junge und ältere Bevölkerung auf den neuen Onlinehandel und alternative Bestellwege hingewiesen werden.
2. Kein Kunde erwartet einen perfekten Online-Shop vom Laden um die Ecke
Mit viel Respekt vor Technologie und Anforderungen, versuchen viele Händler gerade einen eiliges E-Commerce Projekt aufzusetzen. Eine gute Nachricht liefert nun die Studie: Kunden erwarten keinen perfekten Online-Shop. Anders als bei den großen Online-Playern, die mit Professionalität und perfekten Shops Vertrauen gewinnen müssten, sei das im lokalen Einzelhandel jetzt in der Krise nicht so wichtig. Dieser Vertrauensvorschuss sehen die Marktforscher als großes Glück, auf das der Handel bauen kann. Klare Kommunikation über Warenverfügbarkeit und Lieferzeiten und -kosten sei wichtig, um dieses Vertrauen zu erhalten. Auch Sicherheit und Auswahlmöglichkeiten beim Bezahlen müssten gewährleistet sein. Das seien weiterhin Basisfaktoren für den Online-Handel.
3. Kundenkommunikation läuft über Telefon, Whatsapp oder E-Mail
Konnten es sich die meisten Kunden vor drei Wochen noch nicht vorstellen, den Schreibwarenhändler im Nachbardorf zwecks Bestellung von z.B. Schulmaterial anzurufen, sei das heute gar nicht abwegig. So stehen vermeintlich umständliche Kommunikationskanäle wie Telefon, Whatsapp oder E-Mail gerade hoch im Kurs und funktionieren bei Stammkunden vor allem für die Bereiche Gastronomie, aber auch für den Blumen-, Buch- und Elektrohandel sehr gut. Besonders wichtig erachteten die Teilnehmer der Fokusgruppen, dass der Händler erreichbar und reaktionsschnell sei.
4. Improvisation funktioniert
Fehlende digitale Prozesse können durch gute Ideen und Improvisation wettgemacht werden. Telefonisch bestellte Waren können so z.B. kontaktlos an der versteckten Fensterbank neben dem Haus abgeholt werden, schlagen die Unternehmensberater vor. Ein Teilnehmer der Fokusgruppe erzählte von einem Händler, der bestellte Ware in einer mit Zugangscode verschlossenen „Schatzkiste“ vor seinem Laden bereitstellt. Kunden erhalten vor der Abholung den Code per Mail geschickt und können dann die Ware aus der Schatzkiste entnehmen. Bezahlt wird per Briefumschlag im Postkasten oder per Rechnung.
5. Gutscheine „für danach“ boomen
Viele Menschen haben schon Gutscheine erworben, um den stationären Handel zu unterstützen. Allerdings herrscht hier die Unsicherheit, was bei einer möglichen Insolvenz damit passiert. Händler sollten diese Sorge ansprechen und klar kommunizieren, was im Fall der Fälle mit dem Gutschein geschieht. In der Fokusgruppe besonders negativ bewertet wurde der Fall eines Händlers, der Gutscheine zu überteuerten Portokosten versandte.
6. Käufe werden „nur“ aufgeschoben, nicht gestrichen
Auch wenn viele Menschen heute nicht wissen, wie es mit ihrer Arbeit und damit ihrer Kaufkraft weitergeht, es herrscht grundsätzlich eine positive Konsumstimmung. Allerdings finden Käufe aktuell sehr reflektiert statt, es werde nur gekauft, was gerade wirklich gebraucht werde. Anschaffungen werden somit „nur“ aufgeschoben und nicht ganz gestrichen. Lediglich im Sektor Reisen sieht es anders aus. Hier gibt es tatsächlich Aussagen von Teilnehmern, dass gesparte Reisen für größere Anschaffungen genutzt werden, die man sich jetzt einfach gönnen will.
„Die aktuelle Situation im stationären Handel ist absolutes Neuland“, erklärt Johannes Altmann, Geschäftsführer von Shoplupe und anerkannter Experte für Customer Experience (UX) im Handel. „Keine Studie und kein Experte kann aktuell sagen, wie Kundenerwartungen in dieser Krise aussehen“. Aus diesem Grund hat sein Team diese schnell durchzuführende qualitative Studie auf seiner Plattform Focusgroups.io durchgeführt: „Maßnahmen können Händler aktuell nur aus dem ‚Bauch heraus‘ entwickeln, was Kunden wirklich wollen, wissen sie nicht. Wir wollen mit unserer Fokusgruppendiskussion ein wenig Licht ins Dunkel bringen, denn obwohl unsere Erhebung nicht repräsentativ ist, zeigt sie viele interessante Ansätze und Kundenmeinungen, die durchaus einen allgemeingültigen Charakter haben.“
Die Erkenntnisse sind das Ergebnis von vier Online-Fokusgruppendiskussionen über den  Shoplupe-eigenen, qualitativen Marktforschungsservice focusgroups.io. Die Erhebung fand Anfang April 2020 statt. Die Teilnehmer waren 18 bis 71 Jahre alt.



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