Vor Bundestagswahl 2025
17.01.2025, 09:45 Uhr
HDE warnt vor politisch motivierter Mindestlohnanhebung
Der Handelsverband Deutschland (HDE) zeigt sich besorgt über die aktuellen Diskussionen um eine mögliche Anhebung des Mindestlohns auf 15 Euro ab 2026, wie sie im Wahlprogramm der SPD vorgesehen ist.
Handelsverband warnt vor Gefährdung der Tarifautonomie durch politische Versprechen.
(Quelle: Shutterstock / Steidi)
Die SPD hatte auf ihrem Parteitag die Anhebung des Mindestlohns auf 15 Euro bis spätestens Januar 2026 thematisiert. Der HDE sieht in dieser Debatte nicht nur eine politische Instrumentalisierung des Mindestlohns, sondern auch eine potenzielle rechtliche Unsicherheit. Grund ist unter anderem ein laufendes Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Der Generalanwalt hatte kürzlich das Gericht in seinem Gutachten darauf hingewiesen, dass die EU ihre Zuständigkeiten mit der Mindestlohn-Richtlinie überschritten habe. Das EuGH-Urteil dazu wird erst im Laufe des Jahres erwartet. Das Gericht ist formal zwar nicht an die Einschätzung des Generalanwaltes gebunden, folgt dieser aber üblicherweise am Ende. „Diese Einschätzung des Generalanwaltes ist in der Sache absolut richtig. Die EU hat nach den Europäischen Verträgen für den Bereich der Löhne und der Tarifautonomie keine Regelungskompetenz“, erklärt Steven Haarke, HDE-Geschäftsführer für Arbeit und Soziales.
„Nach den Erfahrungen aus dem Bundestagswahlkampf 2021 müssen rein politisch motivierte Anhebungen des gesetzlichen Mindestlohns vom Tisch sein. Der Mindestlohn darf nicht alle vier Jahre wieder zum Spielball der Politik werden“, so Haarke. Dies schade insbesondere der Tarifautonomie in Deutschland massiv, da in der Folge das gesamte Tarifgitter nach oben gedrückt werde. Zwar beziehe sich die SPD in ihrem Wahlprogramm ausdrücklich auf die EU-Mindestlohnrichtlinie, doch die Diskussion sei im Ergebnis mehr als irritierend. „Das SPD-geführte Bundesarbeitsministerium hat doch erst im November 2024 gegenüber der EU-Kommission ausdrücklich die Auffassung bestätigt, dass das geltende deutsche Mindestlohnrecht die Vorgaben der Mindestlohnrichtlinie ausreichend umsetzt“, so Haarke weiter.
Unabhängigkeit der Mindestlohnkommission im Fokus
In ihrem Wahlprogramm stellt die SPD die Arbeit der unabhängigen und paritätisch besetzen Mindestlohnkommission nicht direkt in Frage, übt laut HDE allerdings über diese mediale Positionierung mittelbar erheblichen politischen Druck auf die unabhängige Entscheidungsfindung der Mindestlohnkommission aus. „Darunter leidet letztlich die Akzeptanz der Empfehlung der Mindestlohnkommission. Die gesetzlich garantierte Unabhängigkeit ist eine zentrale Säule des deutschen Mindestlohnrechts“, betont Haarke. Abgesehen von parteistrategischen Erwägungen sei aktuell kein Grund für diese Debatte erkennbar. So sehe das Mindestlohngesetz heute vor, dass sich die Mindestlohnkommission bei der Festsetzung des Mindestlohns nachlaufend an der Tarifentwicklung zu orientieren habe und die Tariflöhne seien branchenübergreifend wegen der hohen Inflation zuletzt statistisch ohnehin deutlich angestiegen.
Im Juni 2025 wird die Mindestlohnkommission ihre neue Empfehlung für die Mindestlohnanhebung ab dem 1. Januar 2026 aussprechen. Der HDE wird sich, wie zuletzt 2023, vorab erneut als sachverständiger Verband dazu gegenüber der Mindestlohnkommission in einer umfassenden Stellungnahme positionieren.