Idee des Nationalrats
23.03.2022, 13:02 Uhr
Schweiz diskutiert über Fahrrad-Vignette
Die konservativ-populistische Schweizerische Volkspartei (SVP) hat eine Gesetzesinitiative entworfen, nach der Radfahrende zukünftig eine kostenpflichtige Vignette brauchen.
Insgesamt 45 Politiker und Politikerinnen schlossen sich der Initiative des Transportunternehmers Benjamin Giezendanner an und fordern, dass sich die Radfahrenden an den Radinfrastrukturkosten beteiligen. Begründet wird der Vorstoß mit den vom Parlament beschlossenen Ausbau des Radwegenetzes, der rund zwei Milliarden Franken kosten soll. Unterstützung kommt von Politikern und Politikerinnen aus den Parteien SVP, FDP und Die Mitte. „Künftig sollen Velofahrer gleich wie Autofahrer, Töfffahrer, also Motorradfahrer, und Zugreisende behandelt werden“, sagte Giezendanner, Geschäftsführer des Fuhrunternehmens Giezendanner Transport. Er schlägt einen Preis von 20 Franken pro Rad und Jahr vor. Noch ist nicht genau geklärt, wie die geplante Abgabe erhoben werden soll. In der Diskussion ist eine Velo-Vignette, analog zur Schweizer Autobahn-Vignette. So könnte der Bund jährlich rund 100 Millionen Franken einnehmen. Hinzu kämen Abgaben für E-Bikes und von Velo-Sharing-Anbietern wie PubliBike
Gegenwind für den Vorschlag
Der Nationalrat Matthias Aebischer von den Sozialdemokraten (SP), der auch Präsident der Gruppierung „Pro Velo Schweiz“ ist, kritisiert den Vorschlag. „Vom Ausbau der Velowege profitieren nicht nur die Radfahrer, sondern alle.“ Die Trennung von motorisiertem Verkehr und Fahrradverkehr bedeute auch für Auto- und Lkw-Fahrende mehr Sicherheit. Darüber hinaus werde der Verkehr insgesamt flüssiger. „Jeder Velofahrer ist ein Steuerzahler und leistet so schon einen Beitrag an den Unterhalt der Infrastruktur aller Verkehrsteilnehmer.“ Damit unterstützen die meisten Radfahrenden ebenso die Kosten für Autobahn und Straßennetz, wie Nationalrätin Franziska Roth (SP) betont.
Wie Deutschland den Radwegeausbau finanziert
Befürworter und Befürworterinnen in Deutschland argumentieren, dass die Kosten für Radwege, autofreie Zonen oder Fahrradstellplätze allein von Autofahrenden beglichen werden müssen. Doch Steuern sind generell nicht zweckgebunden, auch nicht die Kfz- und Energiesteuer. Etwa neun Milliarden Euro landen pro Jahr aus der Kfz-Steuer beim Bund und nicht bei den Kommunen Die Energiesteuer auf Sprit wiederum kann zwar Städten und Gemeinden zufließen, darf aber von jenen nur für große Infrastrukturprojekte verwendet werden. Baumaßnahmen für den Rad- oder Fußgängerverkehr fallen selten darunter. Von dem Bundesbudget über 18 Milliarden Euro für Verkehrsinfrastruktur, entfällt immer noch nur ein relativ geringer Anteil auf das Fahrrad - auch wenn die Summen inzwischen stetig steigen. In den Jahren 2020 bis 2023 sollen insgesamt knapp 1,5 Milliarden Euro für die Förderung des Radverkehrs und den Ausbau der Radinfrastruktur bereitstehen.
Wäre eine Steuer hier sinnvoll?
Spezielle Fahrradsteuern werden in Deutschland ebenfalls kritisch betrachtet. Ann-Kathrin Schneider, Bundesgeschäftsführerin vom Fahrradclub ADFC sagt gegenüber dem Spiegel dazu: „Ein so kleinteiliges Bezahlsystem verkompliziert das Radfahren unnötig – und schafft mehr Bürokratie als Nutzen.“ Die Politik wolle und müsse das Radfahren fördern, um den Verkehr nachhaltig zu machen und auf Klimakurs zu bringen.