Wutradfahrer fordern mehr Platz
05.04.2019, 15:03 Uhr
Berliner Fahrradverein demonstriert gegen Verkehrsminister Scheuer
Der Berliner Verein Changing Cities hat am Donnerstag gegen die Verkehrspolitik des Bundesverkehrsministeriums unter der Leitung von Bundesminister Scheuer demonstriert.
Dessen Verkehrspolitik sei auf Autos fokussiert und ignoriere den Klimawandel, so der Vorwurf des Vereins, der auch das Berliner Radverkehrsgesetz vorangebracht hatte. Die Demonstranten forderten „ein Ministerium für Mobilität und keinen Minister für Verkehr", so der Wortlaut. Nur mit einer echten Verkehrswende könnten die Ziele des Pariser Abkommens zur Begrenzung der Erderwärmung eingehalten werden.
„Die Mehrheit der Menschen in den Städten ist heute tatsächlich mit dem Rad und zu Fuß unterwegs oder nutzt den öffentlichen Nahverkehr. Allein aus diesem Grund braucht Deutschland ein ganz anderes Verständnis von Mobilität. Eine Verkehrswende ist nicht nur gut fürs Klima, sie ist auch demokratischer. Nutzen Sie doch auch einfach mal Ihren gesunden Menschenverstand, Herr Scheuer!“, sagt der Vereinssprecher Tim Lehmann.
Seit einem Jahr ist Andreas Scheuer (CSU) Verkehrsminister. Seine Bilanz ist verheerend, so die Demonstranten. So sei der Straßenbau-Etat seit 2017 um 45 Prozent gestiegen, die Förderung des Schienenverkehrs aber nur um 4 Prozent. Die Pkw-Zulassungen seien um 1,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen, auch dies zum Missfallen des fahrradaffinen Vereins. Seit Jahrzehnten werde der Diesel trotz Dieselskandal weiterhin subventioniert, und zwar mit etwa 9,5 Milliarden Euro im Jahr. Die CO2-Emissionen im Verkehrsbereich seien um 20 Prozent seit 1995 gestiegen, weil mehr Lkw und schwere Pkw unterwegs sind. Dienstwagenprivileg und Pendlerpauschale kosteten den Staat mindestens 8 Milliarden Euro pro Jahr an entgangenen Einnahmen, so die Vorwürfe.
„Der Verkehrsminister steht ungebrochen für eine autozentrierte Politik. Ihm ist der Klimawandel ein Hindernis, kein Ansporn für politisches Handeln. Die Streicheleinheiten der Autolobby sind ihm wichtiger als alles andere. Er richtet seine Politik danach aus, wer ihm genehm ist, nicht nach den Bedürfnissen der Menschen“, so die Vereinssprecherin Isabell Eberlein.
Der Verein betrachtet öffentlichen Raum in den Städten als zu wertvoll, um ihn nur als Abstellplatz für immer mehr und immer größere Fahrzeuge zu nutzen. Sichere und nachhaltige Mobilität für alle und lebenswerte Städte mit Umwelt- und Klimaschutz müssten künftig das Ziel aller Planungen sein. „Mit seinen absurden Lösungsvorschlägen – nicht existente technische Innovationen, Bio-Benzin und Fahrradhelme – kriegt man den Klimawandel nicht in den Griff!“, sagt Michael Schulte, Vorstandsmitglied von Changing Cities. „Die Menschen sind in ihrem Mobilitätsverhalten längst viel weiter.” Die Donnerstagsaktion „Rote Karte für Scheuer“ soll in etwa einem Monat wiederholt werden.