Das Fahrrad im Fokus
09.08.2022, 10:00 Uhr
Utrecht will zur Zehn-Minuten-Stadt werden
Das Fahrrad steht in Utrecht im Fokus der Stadtentwicklung. Bis 2040 will man so eine Stadt werden, bei der alle Knotenpunkte in unter zehn Minuten per Fahrrad oder zu Fuß erreicht werden können.
In der rund 360.000 Einwohner und Einwohnerinnen zählenden niederländischen Stadt Utrecht hat man ambitionierte Ziele für den Radverkehr. Mithilfe eines Mobilitätsplans soll Utrecht bis 2040 zur Zehn-Minuten-Stadt gestaltet werden. Dafür werden bereits verschiedene Maßnahmen vorangetrieben: „Wir sind noch lange nicht fertig, da liegt noch viel Arbeit vor uns“, meint Stadtplaner Marijn Kik.
Fahrrad hat Priorität
„Utrecht – alle fahren Rad“ nannte sich eines der vielen Aktionspapiere, die den Anteil der Radfahrer und Radfahrerinnen in den vergangenen zehn Jahren maßgeblich befeuerten. Heute zählt die Stadt etwa 125.000 Radfahrende – pro Tag. Laut Kik werden bereits 60 Prozent aller Wege in Utrecht mit dem Rad zurückgelegt, in Berlin sind es nur etwa 13 Prozent. Ein Erfolg, den sich die Stadt kosten lässt: Allein zwischen 2015 und 2020 investierte sie rund 168 Millionen Euro in den Ausbau der Radinfrastruktur und Stellplätze, finanziert aus Steuermitteln.
Dass die Innenstadt mit dem Rad schnell und unkompliziert zu erreichen ist, führe nicht zuletzt auch zu einem Umsatzanstieg beim Einzelhandel. Dafür nehmen die Geschäftsinhaber Einschränkungen in Kauf. So können Waren beispielsweise nur in den frühen Morgenstunden angeliefert werden – eben nur dann, wenn die Flächen vor den Läden noch nicht durch Räder zugeparkt sind. Dienstleister wie Handwerker oder Kuriere fahren vermehrt mit dem Lastenrad zum Kunden, um die Parkplatzsuche gänzlich zu umgehen.
Das Auto ist nur geduldet
Bei der Umsetzung des Mobilitätsplans geht es auch darum, das Autofahren weniger attraktiv zu machen. „Auf der Straße entlang des Kanals sind Autos nur zu Gast“, beschreibt Stadtplaner Kik einen schmalen Streifen, auf dem Autos maximal 30 Kilometer pro Stunde fahren und Fahrräder nicht überholt werden dürfen. Autos sollen so nicht vollständig ausgeschlossen werden, die Benutzung aber deutlich erschwert werden. Die meisten Autos würden daher freiwillig auf den Autobahnring außerhalb der Stadt ausweichen. Auf den fünf Hauptradrouten hingegen wird das Radfahren möglichst angenehm gestaltet: die Wege sind deutlich markiert, Ampelschaltungen sind fahrradfreundlicher, Fahrradbrücken und Unterführungen schließen Lücken im Verkehrsnetz und viele Straßen sind gänzlich autofrei.
Platz schaffen
Teil einer fahrradfreundlichen Infrastruktur sind ebenfalls ausreichende und sichere Abstellplätze. In Utrecht entstand deshalb in den letzten Jahren ein modernes Fahrradparkhaus unter dem Bahnhofsplatz. Mit aktuell 12.500 Fahrradstellplätzen auf drei Stockwerken ist es das weltweit größte. Eingescannt per Chip, führt ein digitales Leitsystem zum nächsten freien Parkplatz. Der direkte Zugang zum Hauptbahnhof soll vor allem Pendlerinnen und Pendler dazu ermutigen, mit Rad und Zug zu fahren. Die Fahrradgarage ist bewacht, rund um die Uhr geöffnet und in den ersten 24 Stunden kostenlos. An weiteren zentralen Orten hat die Stadt solche bewachten Fahrradparkplätze geschaffen.