Umbruch in der Wirtschaft
26.09.2024, 10:00 Uhr
Wachstum bleibt schwach – Erholung in Sicht
Die deutsche Wirtschaft steckt in einer schwierigen Phase. Für 2024 prognostiziert die Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 0,1 Prozent, gefolgt von einer schwachen Erholung in den kommenden Jahren.
Die aktuelle Prognose der Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose zeigt, dass die deutsche Wirtschaft 2024 einen leichten Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 0,1 Prozent erleben wird. Für 2025 und 2026 erwarten die Institute nur eine schwache Erholung mit Zuwächsen von 0,8 und 1,3 Prozent. Dies bedeutet eine Abwärtskorrektur gegenüber der Prognose vom Frühjahr um 0,2 Prozentpunkte für 2024 und 0,6 Prozentpunkte für 2025.
„Neben der konjunkturellen Schwäche belastet auch der strukturelle Wandel die deutsche Wirtschaft“, sagt Geraldine Dany-Knedlik, Leiterin des Bereichs Prognose und Konjunkturpolitik am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin. „Dekarbonisierung, Digitalisierung, demografischer Wandel und wohl auch der stärkere Wettbewerb mit Unternehmen aus China haben strukturelle Anpassungsprozesse ausgelöst, die die Wachstumsperspektiven der deutschen Wirtschaft dämpfen.“
Besonders betroffener Sektor
Die sich überlagernden Wirkungen von Strukturwandel und konjunktureller Flaute zeigen sich vor allem im verarbeitenden Gewerbe. Betroffen sind vor allem die Investitionsgüterhersteller und energieintensive Industriezweige. Ihre Wettbewerbsfähigkeit leidet unter den gestiegenen Energiekosten und der zunehmenden Konkurrenz durch hochwertige Industriegüter aus China, die deutsche Exporte auf den Weltmärkten verdrängen. Konjunkturell macht dem verarbeitenden Gewerbe aber auch die schwächelnde globale Industrie und der damit verbundene Mangel an neuen Aufträgen zu schaffen. Abgemildert wird dies durch die teilweise kräftig gestiegene Bruttowertschöpfung in den – insbesondere staatlich geprägten – Dienstleistungsbereichen wie dem Erziehungs- und Gesundheitswesen.
Symptomatisch für die Probleme im verarbeitenden Gewerbe ist nach Einschätzung der Institute die anhaltende Investitionsschwäche. Konjunkturell dürfte in Deutschland vor allem das nach wie vor hohe Zinsniveau und die hohe wirtschafts- und geopolitische Unsicherheit die Investitionstätigkeit der Unternehmen und die Anschaffungsneigung der privaten Haushalte belastet haben. Die privaten Haushalte legen ihr Einkommen vermehrt auf die hohe Kante, statt Geld für neue Wohnbauten oder Konsumgüter auszugeben.
Die strukturellen Anpassungsprozesse dürften dem Gutachten zufolge andauern und die konjunkturellen Bremsen sich nur langsam lösen. Getragen wird die zaghafte Erholung von einer Belebung des privaten Verbrauchs, der von kräftigen Zuwächsen der real verfügbaren Einkommen getragen wird. Das Anziehen der Konjunktur in wichtigen Absatzmärkten, wie den europäischen Nachbarländern, wird den deutschen Außenhandel stützen. Zusammen mit günstigeren Finanzierungsbedingungen kommt dies den Anlageinvestitionen zugute.
Auf dem Arbeitsmarkt zeigt der wirtschaftliche Stillstand mittlerweile deutlichere Spuren: Die Zahl der Arbeitslosen ist zuletzt weiter leicht gestiegen. Erst im Verlauf des kommenden Jahres, wenn sich die wirtschaftliche Aktivität allmählich erholt, dürfte die Arbeitslosigkeit wieder zurückgehen.
Die Inflationsrate ist im August auf den niedrigsten Stand seit mehr als drei Jahren zurückgegangen und wird im Prognosezeitraum voraussichtlich in der Nähe des Inflationsziels der Europäischen Zentralbank (EZB) von zwei Prozent liegen.