Nachhaltigkeit 26.04.2021, 15:29 Uhr

Fahrradreifenabrieb belastet Umwelt nur geringfügig

Wohin verschwindet Reifenabrieb? Dieser Frage gingen die Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) und die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) gemeinsam in einem Forschungsprojekt des BMVI-Expertennetzwerks nach.
(Quelle: Ralf Bohle)
Der größte Teil des Reifenabriebs auf Deutschlands Straßen wird vermutlich in Kläranlagen gefiltert. Die Forschungsarbeiten zeigen nämlich, dass es maßgeblich darauf ankommt, wo der Reifenabrieb entsteht. Auf Straßen in Ortschaften und Städten spült Regen den Reifenabrieb über kurz oder lang in die Kanalisation. Handelt es sich um ein sogenanntes Mischwassersystem mit Kläranlage, welches in Deutschland weit verbreitet ist, werden mehr als 95 Prozent des Reifenabriebs zurückgehalten.
Dies dürfte den größten Anteil von Fahrradreifenabrieb einschließen. Der Reifenhersteller Ralf Bohle (Schwalbe) teilte dazu nämlich mit, dass der aktuelle Stand der Wissenschaft bei Fahrradreifen noch sehr lückenhaft sei, weil sich die Forschung in erster Linie auf PKW- und LKW-Reifen und Motorräder konzentriert. „Zum Abrieb von Fahrradreifen existiert derzeit nur eine uns bekannte Quelle, in welcher der Beitrag von Fahrradreifen zum Gesamtabrieb in Deutschland auf maximal ein Prozent geschätzt wird“, so die Schwalbe-Pressesprecherin Doris Klytta. Diese Studie des Fraunhofer-Instituts ist öffentlich zugänglich (Fahrradreifen auf Seite 10).
Die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) nennt den Abrieb von Autoreifen als eine der größten Mikroplastikquellen – deutlich vor Faserabrieb, der beim Waschen von Kleidung aus Kunstfasern entsteht. Reifenabrieb bildet sich an den Laufflächen von Fahrzeugreifen, vor allem bei Beschleunigungs- und Bremsvorgängen. Dabei entstehen Partikel, die aus einer Mischung von Gummi und Straßenabrieb bestehen. Bereits bekannt war, dass ein kleiner Anteil des Reifenabriebs von der Straße in die Luft gelangt (5 bis 10 Prozent), wo er zur Feinstaubbelastung beiträgt. Der Weg des weit größeren Anteils von rund 90 Prozent des Reifenabriebes war bisher aber nicht im Detail geklärt.
Außerorts sickert Reifenabrieb auch in Gewässer
An Straßen außerorts sickert Reifenabrieb mit Regenwasser in der Regel über Bankett und Böschung ab. Der größte Teil des Reifenabriebs läuft so auf den straßennahen Boden ab und wird von der oberen bewachsenen Bodenzone zurückgehalten. Circa 12 bis 20 Prozent des Reifenabriebs können in Oberflächengewässern landen. Dort wird ein Teil der Partikel abgebaut beziehungsweise lagert sich im Sediment ab – die genauen Anteile sind allerdings noch nicht bestimmbar. In einer Modellstudie für das Einzugsgebiet der Seine und der Schelde fanden andere Autoren heraus, dass etwa zwei Prozent der ursprünglich freigesetzten Reifenabriebmenge in das Meer transportiert wird. Für Flüsse in Deutschland liegen noch keine Modellrechnungen vor. Nach Berechnungen von BASt und BfG gelangen jährlich 60.000 bis 70.000 Tonnen Reifenabrieb in den Boden und 8.700 bis 20.000 Tonnen in Oberflächengewässer.
Wie gelangt zukünftig weniger Reifenabrieb in die Umwelt?
Obwohl jährlich große Mengen an Reifenabrieb in Böden eingetragen werden, sind die Effekte auf bodenbewohnende Lebewesen bisher kaum bekannt. Das trifft auch auf die ökotoxischen Wirkungen für Wasserorganismen unter Umweltbedingungen zu. Aus Vorsorgegründen empfehlen die Experten alle wasserwirtschaftlichen Maßnahmen weiter zu verbessern, die die Einträge in Gewässer mindern. Sie betonen, dass die Verbesserung der Reinigung von Straßenabflusswasser und die gute Unterhaltung der Behandlungsanlagen genauso wie intermodale Transport- und Verkehrskonzepte wichtige Schritte sind. Aber auch langlebige abriebarme Reifen, leichtere Fahrzeuge und ein ruhiges Fahrverhalten können einen Beitrag zu weniger Reifenabrieb leisten.



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