„Da nutzt einer seine Marktmacht aus“
11.04.2023, 12:30 Uhr
Jörg Müsse und Uwe Wöll im Doppelinterview über Jobrad
Das neue Rabattmodell des Leasing-Marktführers Jobrad sorgt für Diskussionen in der Branche. Nachdem der VSF Kritik geäußert und Jobrad auf diese geantwortet hat, beziehen Jörg Müsse (Bico) und Uwe Wöll (VSF) im exklusiven SAZbike-Interview ausführlich Stellung.
Das Thema rund um das neue Jobrad-Rabattsystem scheint noch lange nicht vom Tisch zu sein. Die Fahrradbranche, allen voran Vertreter des Fachhandels und der Fachhandel selbst, und Jobrad liefern sich seit Wochen einen argumentativen Schlagabtausch. Im exklusiven und frei abrufbaren Doppelinterview erläutern Jörg Müsse vom Händlerverbund Bico sowie Uwe Wöll vom Verbund Service und Fahrrad (VSF) die Implikationen.
„Die Argumentation von Jobrad ist für mich nicht differenziert. Die Strategie, die ich hinter den neuen Abstufungen sehe, ist, dass bei steigenden Durchschnittspreisen, erst recht bei der derzeitigen Inflation, die Masse der Räder mit einem Rabatt von sechs Prozent provisioniert werden. Das wird über kurz oder lang auf jeden Fall passieren. Inflationsbedingt und mit steigendem Anteil der Leasing-Quote bei den Fachgeschäften wird es daher keinen Händler oder Händlerin mehr geben, der oder die nicht mit sechs Prozent provisioniert wird. Das ist meiner Meinung nach wohl kalkuliert und für die Zukunft erwartbar bei diesem neuen Preismodell“, erklärt beispielsweise Bico-Geschäftsführer Jörg Müsse im Interview mit der SAZbike.
VSF-Geschäftsführer Uwe Wöll kritisiert unter anderem, dass die Leistung des Fachhandels für das erfolgreiche Leasing-Modell von Jobrad übergangen wird: „In einem Gespräch habe ich gefragt, was aus der Sicht von Jobrad ein angemessener Anteil an der Händlermarge sei. Tatsächlich wurde mir gesagt, dass die Marge bei 30 bis 40 Prozent liegen könne, denn ohne Jobrad gebe es viele Kunden und Kundinnen nicht. Dabei wird jedoch komplett ignoriert, dass das Jobrad-Geschäftsmodell auf der Partnerschaft mit dem Fachhandel basiert: Dieser berät, verkauft, erbringt sämtliche Serviceleistungen, bevorratet die Räder und finanziert das Lager. Der Fachhandel leistet also einen wesentlichen Teil der Arbeit für das erfolgreiche Jobrad-Modell. Und dann beansprucht man 30 bis 40 Prozent der Marge? Das ist nicht nur frech, sondern zeugt davon, dass Jobrad keinen Blick für die eigentliche Leistung des Fachhandels hat.“
Hintergrund
Jobrad hatte Ende Februar dieses Jahres angekündigt, zum 1. April sein System für Einkaufsrabatte umzustellen. Jobrad-CEO Florian Baur erläuterte die Überlegungen im SAZbike-Interview. Nach der Ankündigung des neuen Rabattmodells kam schnell Kritik aus dem Fahrradfachhandel und vom VSF auf – Jobrad reagierte darauf mit einem Statement. In Ausgabe 6 der SAZbike konkretisieren VSF und Bico nun im ausführlichen Interview die Kritik. Das Gespräch kann über diesen Link kostenlos abgerufen werden.