Vergleichstest: Keiner kann alles 25.04.2019, 11:26 Uhr

ADAC: Lkw-Abbiegeassistenten müssen besser werden

Der Allgemeine Deutsche Automobilclub (ADAC) hat Abbiegeassistenten für Lastwagen nach dem aktuellen BMVI-Standard und einem künftigen, anspruchsvolleren Standard getestet. Kein Assistent genügt dem zukünftigen Standard.
Die ADAC-Ergebnisse im Überblick
(Quelle: ADAC)
Jedes Jahr sterben Dutzende Radfahrer bei Unfällen mit Lastwagen. Besonders gefährlich ist es, wenn Radfahrer geradeaus fahren und Lkw rechts abbiegen wollen, weil viele Lkw-Fahrer die Radfahrer in dieser Situation leicht übersehen. Abbiegeassistenten sollen den Lkw-Fahrer darum auf Radfahrer aufmerksam machen. Das Bundesverkehrsministerium (BMVI) hat im vergangenen Jahr die „Aktion Abbiegeassistent“ ins Leben gerufen, damit Unternehmen und Behörden die Assistenzsysteme freiwillig nachrüsten. Pflicht werden die Assistenten laut ADAC frühestens im Jahr 2022. Ab dann müssen neue Fahrzeugtypen auf europäischer Ebene mit Abbiegeassistenzsystemen ausgestattet sein. Für diese werden die Anforderungen der United Nations Economic Commission for Europe (UNECE) gelten, eine Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa, welche Gesetze für Fahrzeuge weltweit vereinheitlichen soll. Die UNECE-Anforderungen gehen über die des BMVI hinaus.
Alle schaffen den aktuellen Standard, keiner den zukünftigen Test
Der ADAC hat Abbiegeassistenten nach den Anforderungen des BMVI sowie nach den Vorgaben der UNECE getestet. Überprüft wurden Assistenten der Firmen Mekra-Lang, Mobileye, Luis Technology und Edeka / Wüllhorst zu Preisen von 760 Euro bis 3.400 Euro. Diese Systeme nutzen unterschiedliche Technologien wie Radar, Ultraschall und Kameras. Getestet wurde auf einem Testgelände und unter realen Verkehrsbedingungen.
Das Ergebnis: Während alle getesteten Systeme die Vorschriften des BMVI erfüllen und den Förderrichtlinien entsprechen, konnte laut ADAC keiner der Lkw-Abbiegeassistenten den Anforderungen der UNECE gänzlich entsprechen. Zudem konnte im Test keines der Abbiegeassistenzsysteme den Radfahrer erkennen, wenn sich zwischen der Radfahrspur und der Lkw-Fahrspur Hindernisse, wie beispielsweise parkende Fahrzeuge oder Bepflanzungen, befinden.
Während der Fahrten im realen Straßenverkehr wurde die Zahl der Fehlwarnungen aufgrund von Verkehrsschildern oder Bäumen am Straßenrand ermittelt. Eine hohe Rate an Fehlauslösungen wirkt sich negativ auf die Akzeptanz und das Vertrauen des Fahrers auf das System aus, warnen die Sicherheitsexperten. Bei Lkw-Abbiegeassistenten, die zwischen ungeschützten Verkehrsteilnehmern und Objekten, wie Verkehrszeichen, Ampeln oder Bäumen, unterscheiden können, kam es hingegen nur zu einer geringen Anzahl an Fehlauslösungen. 
Ergebnisse im Überblick
Der Assistent von Mekra-Lang unterscheidet zwischen ungeschützten Verkehrsteilnehmern und anderen Objekten. Als Folge dessen erbrachte das System das beste Testergebnis sowohl bei den Versuchen auf dem Testgelände, als auch während der Fahrt im realen Straßenverkehr.
Ebenfalls gut abgeschnitten habe das System von Mobileye. Der Abbiegeassistent überzeuge durch eine leichte und verständliche Signalisierung an den Fahrer. Zudem hat das System bereits die technische Vorabprüfung durch das deutsche Verkehrsministerium bestanden. Obwohl das System den Anforderungen auf UNECE-Ebene nicht vollständig entsprechen konnte, zeichnete es sich laut ADAC durch eine geringe Rate an Fehlauslösungen im realen Straßenverkehr aus.
Der Abbiegeassistent von Luis Technology hat neben den Anforderungen des BMVI auch die statischen Tests in Anlehnung an die Vorgaben der UNECE gemeistert. Zudem erhielt das System als erster Abbiegeassistent die Allgemeine Betriebserlaubnis. Da das System aber derzeit keinen ungeschützten Verkehrsteilnehmer erkennt, der die gleiche Geschwindigkeit wie das Fahrzeug aufweist, wurden die dynamischen Tests nach UNECE mit „nicht bestanden“ bewertet.
Das System von Edeka / Wüllhorst Fahrzeugbau, das unter anderem in Lkw der Firma Edeka verbaut ist, hat sowohl die statischen als auch die dynamischen Tests nach den BMVI-Anforderungen bestanden. Die statischen Tests gemäß den Anforderungen auf UNECE-Ebene konnten nicht erfüllt werden, dynamische Tests immerhin teilweise. Allerdings gab es bei der Fahrt im realen Straßenverkehr bei 59 Prozent der gefahrenen Rechtsabbiegeszenarien eine Fehlauslösung. Dies ist laut ADAC eine sehr hohe Rate an Fehlauslösungen, die eventuell die Akzeptanz des Lkw-Fahrers gegenüber dem System negativ beeinflussen kann.
Der ADAC empfiehlt vor allem technische Nachbesserungen der Hersteller sowie die Kopplung an einen Notbremssystem, aber auch mehr Fördergeld zur Nachrüstung.



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