FTI-Consulting-Studie 16.10.2024, 09:07 Uhr

Unternehmen unzureichend auf Krisen vorbereitet

Laut einer Studie von FTI Consulting sind Unternehmen oft auf die Krisen, die ihr Geschäft am stärksten gefährden, am wenigsten vorbereitet. Ein Großteil der Unternehmen führt keine Krisenübungen durch und hat kein funktionsübergreifendes Krisenteam etabliert.
Krisenmanagement
(Quelle: Shutterstock / Panchenko Vladimir)

Die von Economist Impact im Auftrag von FTI Consulting durchgeführte Umfrage unter 600 juristischen Führungskräften aus Nordamerika, Europa und der Asien-Pazifik-Region zeigt gravierende Schwächen im Krisenmanagement vieler Unternehmen auf. Fast 70 Prozent der Unternehmen verfügen über kein funktionsübergreifendes Krisenreaktionsteam, und mehr als zwei Drittel haben es versäumt, aus vergangenen Krisen zu lernen und diese Erkenntnisse in ihre Krisenübungen einfließen zu lassen. Besonders betroffen sind Bereiche wie Reputationsschäden und Betriebsstörungen, die als die größten Risiken für Unternehmen identifiziert wurden, auf die gleichzeitig am wenigsten vorbereitet ist.

Renato Fazzone, Senior Managing Director bei FTI Consulting, betont die Notwendigkeit intensiver Vorbereitung durch Simulationen und realistische Krisenübungen: „Am besten gehen Unternehmen mit Krisen um, die sich intensiv darauf vorbereitet haben. Eine starke Unterstützung der Krisenplanung und -vorbereitung durch die Unternehmensleitung ist von entscheidender Bedeutung. Andernfalls kann es zu einer Diskrepanz zwischen den Business-Continuity-Teams und den Entscheidungen der Geschäftsleitung kommen, die zu widersprüchlichen, fragmentierten oder verzögerten Entscheidungen führt.“

Strategien für das Krisenmanagement

Ein weiteres Ergebnis der Studie zeigt, dass rund 60 Prozent der Unternehmensjuristen stärker in die Krisenmanagementstrategie eingebunden sind als noch vor einigen Jahren. Insbesondere in Nordamerika (64 Prozent) und der EMEA-Region (Europa, Naher Osten und Afrika) (60 Prozent) übernehmen General Counsel zunehmend eine Schlüsselrolle in der Entwicklung von Plänen zur Geschäftsfortführung und in der Überwachung von Frühwarnsignalen, die über rechtliche Fragestellungen hinausgehen. In der Asien-Pazifik-Region liegt dieser Anteil jedoch deutlich niedriger, bei nur 42 Prozent. 
Trotz dieser Fortschritte bleibt das Krisenmanagement in vielen Unternehmen technologiearm. Über die Hälfte der befragten Unternehmen nutzt keine fortschrittlichen Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI) oder maschinelles Lernen (ML) zur Analyse und Bewältigung von Krisenereignissen. Laut der Studie ist dies vor allem auf fehlende Qualifikationen in diesem Bereich zurückzuführen, die von rund 30 Prozent der General Counsel als eine der größten Herausforderungen für eine effektivere Krisenvorsorge genannt wurden. Dabei könnten KI und ML wichtige Werkzeuge sein, um präzisere Krisenfolgenabschätzungen und Frühwarnsysteme zu entwickeln.
Ein weiteres alarmierendes Ergebnis der Studie: Fast 40 Prozent der befragten Unternehmen haben keinen Notfallplan für schwerwiegende Krisen wie Cyberangriffe oder Störungen in der Lieferkette. Dies stellt insbesondere angesichts der wachsenden Zahl von Cyberbedrohungen und geopolitischen Spannungen ein erhebliches Risiko dar. Lars Faeste, Leiter des EMEA-Geschäfts von FTI Consulting, sieht hierin ein ernstes Problem: „Ich kann mich an keine Zeit erinnern, in der mehr auf dem Spiel stand, wenn es um die Bewältigung von Krisen oder gar ‚Black-Swan-Events‘ geht. Dass in dieser Befragung eine Mehrheit der Unternehmen angegeben haben, die Lektionen der Vergangenheit bisher nicht für eine Verbesserung ihres Umgangs mit Krisen zu nutzen, ist besorgniserregend. Das Management erkennt sehr häufig, dass etwas zu tun ist – aber es entscheidet nicht immer schnell und entschlossen genug. Anderen fehlt es an den notwendigen Ressourcen und Werkzeugen, die ein umfassendes Verständnis für potenzielle Krisen erst ermöglichen.“

Wachstum des Bewusstseins

In bestimmten Branchen gibt es jedoch Anzeichen dafür, dass das Krisenbewusstsein wächst. So haben beispielsweise mehr als zwei Drittel der befragten Juristen aus der Finanzdienstleistungs-, Banken- und Versicherungsbranche ihre Frühwarnsysteme auf strategische Partner ausgeweitet, um mögliche Krisenszenarien besser zu überwachen. Auch die verarbeitende Industrie liegt mit 72 Prozent Beteiligung der Unternehmensjuristen an der Krisenbewältigung deutlich vor anderen Sektoren wie dem Gesundheitswesen (54 Prozent).
Die FTI-Studie verdeutlicht, dass viele Unternehmen zwar die Bedeutung einer guten Krisenvorsorge erkennen, aber oft nicht schnell genug handeln, um notwendige Strukturen und Technologien zu implementieren. General Counsel spielen dabei eine zentrale Rolle, um die Unternehmen besser auf künftige Krisen vorzubereiten und die vorhandenen Lücken zu schließen. „Damit die Unternehmen bei der Bewältigung künftiger Krisenereignisse besser informiert, flexibler und effektiver sind“, fasst Faeste zusammen.


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