Zwei neue Leitfäden 25.08.2023, 12:30 Uhr

Verbände verweisen auf Risiken bei E-Bike-Tuning und Nachrüstung

Die Fachverbände der Fahrradbranche aus Industrie, Handel und Handwerk haben zwei neue Leitfäden veröffentlicht, die sich mit Risiken beim „Tuning von E-Bikes 25 / Pedelecs“ und dem „Nachrüsten von E-Antrieben“ befassen.
Mehrere Verbände sind an den Leitfäden beteiligt.
(Quelle: ZIV)
Zu beiden Themen gibt es angesichts von Angebot und Nachfrage sowie mit Blick auf die Folgen aus Sicht der Verbände deutlichen Aufklärungsbedarf. Vielen Nutzenden scheinen insbesondere beim Tuning die gravierenden Folgen bis hin zu Straftatbeständen unbekannt, so die Verbände. Auch das Nachrüsten von Fahrrädern mit E-Antrieben sehen die Experten angesichts der bestehenden technischen Normen und Anforderungen kritisch. An der Erstellung der Leitfäden sind der Bundesinnungsverband Zweirad-Handwerk (BIV), der TÜV Rheinland, Velotech.de, der Verbund Service und Fahrrad (VSF), das Zedler-Institut und der Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) beteiligt.

Unzureichende Aufklärung

Während die Motor-Nachrüstung aus Sicht der Experten eher ein Fachthema für Werkstätten ist, geht es beim Tuning, also der Erhöhung der bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit, von Elektrofahrrädern in erster Linie um die breite Sensibilisierung der Verbraucher und Verbraucherinnen. Denn die Anbieter von Tuning-Kits klären die Kundschaft nach den Erfahrungen der Experten nur unzureichend auf. Oftmals werde einzig im Kleingedruckten erwähnt, dass der Einsatz eines solchen Kits im öffentlichen Straßenraum nicht zulässig sei. Mit keinem Wort werde darauf hingewiesen, dass die Nutzung generell gefährlich sein kann, weil die Fahrradkomponenten nicht auf die höhere Dauerbelastung ausgelegt sind. Besonders schwerwiegend kann sich die Nutzung im öffentlichen Raum durch „Fahren ohne Fahrerlaubnis“ oder „Fahren ohne Versicherungsschutz“ verhalten. 
Die Verbände weisen deshalb darauf hin, dass Pedelecs mit Tuning-Kits keine Elektrofahrräder mehr sind, sondern Kraftfahrzeuge, die ohne Versicherungsschutz im Verkehr bewegt werden und beispielsweise auch nicht auf Radwegen fahren dürfen. Die Fachverbände der Fahrradbranche setzen sich zusammen mit der Industrie bereits seit Jahren dafür ein, das Tuning möglichst zu erschweren und dafür, das Nutzende über die Sachlage und die Gefahren aufzuklären sind.

Konsequenzen für die Nutzung

E-Bikes 25/Pedelecs sind auf eine Nenndauerleistung von 250 Watt und eine bauartbestimmte Höchstgeschwindigkeit mit elektrischer Tretkraftunterstützung von maximal 25 Stundenkilometern begrenzt. Nur dann sind sie gemäß § 63a Absatz 2, StVZO straßenverkehrsrechtlich Fahrrädern gleichgestellt. 
Jegliche Steigerung von Leistung und/oder der bauartbestimmten Geschwindigkeit über diese Grenze hinaus hat zur Folge, dass das Fahrrad verkehrsrechtlich zu einem Kraftfahrzeug wird. Dadurch ergeben sich gravierende Konsequenzen wie die Betriebserlaubnispflicht (Einzelabnahme durch autorisierte Prüfstelle), die Fahrerlaubnispflicht (Klasse abhängig von Höchstgeschwindigkeit), die Versicherungspflicht (Versicherungskennzeichen), die Helmpflicht, die Unzulässigkeit der Radwegebenutzung und der Nachweis der Betriebsfestigkeit aller sicherheitsrelevanten Bauteile.
Mögliche rechtliche Konsequenzen für Nutzende bei Tuning sind Ordnungswidrigkeit und Bußgeld, ein Straftatbestand (§ 21 StVG: „Fahren ohne Fahrerlaubnis"; § 6 PflVG: „Fahren ohne Versicherungsschutz“). Im Wiederholungsfall kann es eventuell zu einer Eintragung im Führungszeugnis (Vorbestraft), dem Verlust des Versicherungsschutzes (Privathaftpflicht), dem Verlust der Sachmängelhaftung und Gewährleistungsansprüche, dem Verlust der Fahrerlaubnis und regelmäßig eine Teilschuld bei einem Unfall kommen.

Konsequenzen für Fachhandel

In ihrem Leitfaden „Risiken beim Nachrüsten von Fahrrädern mit E-Antrieben“ weisen die Fachverbände zudem darauf hin, dass Fahrräder für den Einsatz mit reiner Muskelkraft konstruiert und geprüft sind. Durch die Nachrüstung mit speziellen Kits werden diese Fahrräder mindestens zu E-Bikes 25/Pedelecs, die der Maschinen- und EMV-Richtlinie (Elektromagnetische Verträglichkeit) unterliegen und entsprechend geprüft werden müssen. Abschließend müsste der Nachrüstende eine Konformitätserklärung erstellen, was dieser in der Regel nicht kann beziehungsweise darf. Bei höherer Leistung als 250 Watt und mehr als 25 Stundenkilometern Tretunterstützung, handelt es sich verkehrsrechtlich um ein Kraftfahrzeug, das eine Einzelabnahme, eine Betriebserlaubnis von autorisierter Stelle benötigt. 
Mögliche rechtliche Konsequenzen für Händler und Händlerinnen bei Nachrüstung sind die Beihilfe zur Straftat, Beteiligung an einer Ordnungswidrigkeit, die Haftung des Händlers für Personen- und Sachschäden und der Verlust des Betriebshaftpflicht-Versicherungsschutzes.



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