Das Ende des Fachkräftemangels?
12.03.2018, 09:20 Uhr
Fahrrad XXL Dresden bildet elf Flüchtlinge aus
Der Filialist Fahrrad XXL aus Dresden bildet elf über das Asylsystem eingewanderte Migranten in einem Schnellverfahren zu Zweiradmechanikerhelfern aus. Der Geschäftsführer war selber mal Flüchtling.
Fahrrad XXL Emporon aus Dresden will sein Nachwuchsproblem mit einer vereinfachten Ausbildung von Migranten lösen. Im Rahmen einer Informationsveranstaltung am 28. Februar in Dresden mit Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft stellten die beiden Geschäftsführer Hamidreza Ameli (46) und André Hans (53), ein Programm vor, in dem das Unternehmen in Kooperation mit dem Sächsischen Umschulungs- und Fortbildungswerk e. V. (SUFW) und der Agentur für Arbeit elf Migranten zu Fahrradmonteuren ausbildet.
Der Rechtsstatus der Angestellten reicht vom Asylbewerber über den subsidiär Geduldeten bis zum anerkannten Flüchtling. „Aus dem Nahen Osten, aus Afrika, vom Hindukusch erreichen stetig gut ausgebildete und motivierte Menschen unser Land, die nach einem Job, einer Perspektive für die Zukunft suchen“, erklärt Ameli, der in den 80er-Jahren selbst aus dem Iran als Asylbewerber nach Deutschland kam. Doch viele Migranten fänden aufgrund fehlender Anerkennung ihrer Ausbildungen in Deutschland keine Arbeit. „Diese Menschen können und wollen sich schnell in Arbeitsfelder einarbeiten, auch wenn diese nicht ihrer eigentlichen Berufsqualifikation entsprechen“, so Ameli. Dieser Umstand sei eine gewaltige ökonomische Chance, um gut ausgebildetes Fachpersonal mit geringem Aufwand in einem neuen Arbeitsumfeld zu etablieren.
Einfache Ausbildung für schnelle Erfolge
Die Qualifizierung zu Zweiradmechanikerhelfern dauert sechs Monate und startet mit Sprachunterricht. Die Ausbildung wird nicht von der Handwerkskammer anerkannt. Ihre Kürze wirkt aber einem gängigen Problem entgegen: Langjährige Qualifikationen wirken auf gering qualifizierte Migranten oft abschreckend, weil sie schnell Geld verdienen wollen. Daher verzichten viele auf eine längere Ausbildung, obwohl ihnen nach Ausbildungsabschluss ein höheres Gehalt gewunken hätte.
Am Ende der Ausbildung sollen die Teilnehmer mit soliden Deutschkenntnissen die Arbeit als Fahrradmonteur aufnehmen können. Fahrrad XXL Emporon will mindestens fünf der zehn Teilnehmer übernehmen und in Vollzeit beschäftigen. Die restlichen Teilnehmer würden auf einen Arbeitsmarkt entlassen, auf dem eine große Nachfrage nach Zweiradmechanikern bestehe. Die Bundesagentur für Arbeit listet bundesweit fast 1.000 Stellen für Zweiradmechaniker aller Art bis zum Zweiradmechatroniker auf.
Auch der Taschen- und Bekleidungshersteller Vaude beschäftigt in der Tettnanger Produktion mehrere Migranten mit diversen Rechtstiteln und somit teils unsicherer Bleibeperspektive. Die Auszubildenden bei Fahrrad XXL Emporon verfügen nach Angaben der Sachsen über eine Sondergenehmigung von der Ausländerbehörde zur Arbeitsaufnahme und sollen zumindest für die Dauer der Ausbildung in Deutschland bleiben dürfen. Zwei der Auszubildenden sind laut Fahrrad XXL Emporon anerkannte Flüchtlinge. Die meisten seien subsidiär schutzberechtigt. Dieser Titel wird typischerweise bei Krieg im Herkunftsland zugestanden. Bis zu drei Anträge seien abgelehnt, befänden sich aber im Widerspruchsverfahren.
Seit 2015 beschäftigt die Filiale Migranten als Quereinsteiger. Hamidreza Ameli erklärt, von der Integration in Unternehmen profitierten nicht nur die Gesellschaft und die Migranten, sondern in erster Linie die Firmen. In einer Fernsehreportage stellte der ehemalige Flüchtling auch klar: „Ich bin kein Gutmensch.“