Änderung im Infektionsschutzgesetz geplant 12.04.2021, 17:00 Uhr

60 Prozent der Nicht-Lebensmittel-Händler sehen Insolvenz kommen

Mit Blick auf die für diese Woche angekündigte Änderung im Infektionsschutzgesetz fordert der Handelsverband Deutschland (HDE), die dritte Welle mit zielgenauen Maßnahmen wirksam einzudämmen. Einer Studie zufolge sieht sich eine Mehrheit der Händler vor der Insolvenz.
(Quelle: Shutterstock/Sergprophoto)
Einen möglichen weiteren Lockdown mit Geschäftsschließungen infolge regionaler Notbremsen bei hohen Inzidenzen sieht der Verband kritisch, auch weil der Einkauf mit Hygienekonzept nachgewiesenermaßen kein Treiber der Pandemie ist. Positiv bewertet der HDE den Schritt hin zu einem einheitlicheren Rechtsrahmen für das gesamte Bundesgebiet.
„Es ist gut, dass durch einen bundeseinheitlichen Rahmen mehr Übersichtlichkeit und Klarheit in die Regelungen kommen soll. Entscheidend für uns alle ist die rasche Eindämmung der dritten Welle. Dafür sind auch unpopuläre Entscheidungen erforderlich, um die Ansteckungsgefahr genau dort zu reduzieren, wo derzeit die meisten Infektionen stattfinden. Ein erneuter an regionale Inzidenzen geknüpfter Lockdown mit Geschäftsschließungen wäre nur ein ratloses Signal der Verzweiflung. Längst ist klar, dass der Einkauf mit Hygienekonzept nur ein geringes Infektionsrisiko birgt“, so HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth.
Gefordert sei jetzt eine grundlegende Neuausrichtung der Corona-Politik, die den generellen Lockdown durch ein evidenzbasiertes Konzept zielgenauer Einzelmaßnahmen, die an den tatsächlich nachgewiesenen Infektionsquellen anknüpfen, ersetzen. Nach einer aktuellen Studie der TU Berlin kommt es vor allem im eigenen Haushalt, bei privaten Besuchen, bei der Arbeit oder in Schulen zu Ansteckungen. Sollte sich die Politik trotzdem erneut für einen Lockdown oder die Notbremse mit Geschäftsschließungen entscheiden, müssten alle Bereiche, die erwiesenermaßen zum Infektionsgeschehen beitragen, einbezogen werden. Andernfalls bestehe das Risiko enormer Folgekosten, ohne dass das eigentliche Ziel der Pandemieeindämmung erreicht werde. Zudem betont der HDE die Notwendigkeit einer verbindlich festgelegten Öffnungsstrategie, die klar festschreibt, unter welchen konkreten Bedingungen die Beschränkungen wieder zurückgenommen werden. „Wenn die Geschäfte wieder geschlossen werden, dann muss es ein Licht am Ende des Tunnels geben“, so Genth weiter.
Außerdem sei die finanzielle Not bei vielen Handelsunternehmen nach wie vor groß, die staatlichen Hilfen kämen aufgrund von lange bekannten Fehlern nicht ausreichend dort an, wo sie gebraucht werden. Eine aktuelle HDE-Umfrage aus der vergangenen Woche unter 750 Nicht-Lebensmittelhändlern zeigt, dass knapp 60 Prozent dieser Betriebe ohne weitere staatlichen Hilfen damit rechnen, ihr Geschäft in diesem Jahr aufgeben zu müssen. Genth: „Es ist allerhöchste Zeit, inhabergeführten Handelsunternehmen endlich die Möglichkeit zur Auszahlung eines Unternehmerlohns einzuräumen. Ansonsten droht vielen Unternehmern der Gang zum Sozialamt.“ Zusätzlich sollte die monatliche Begrenzung der Überbrückungshilfe III auf 1,5 bzw. drei Mio. Euro gestrichen und die EU-Beihilfegrenze von derzeit maximal zwölf Mio. Euro erhöht werden. Ansonsten bekämen größere, filialisierte Handelsunternehmen nicht ausreichend Unterstützung, um diese Krise zu überstehen.
Genth sagte vor dem Wirtschaftsgipfel: „Das Geld muss endlich dort ankommen, wo es gebraucht wird. Die in den vergangenen Wochen beschlossenen Anpassungen bei der Überbrückungshilfe III reichen nicht aus, um den durch die Schließungsverfügungen und Corona-Auflagen verursachten Schaden auch nur annähernd abzufedern.“ Denn die Höhe der Hilfszahlungen ist sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene nach oben hin gedeckelt. In der Folge bekommen große Unternehmen mit vielen Filialen nicht ausreichend finanzielle Unterstützung, um weiterhin wirtschaftlich arbeiten zu können. Deshalb setzt sich der HDE für die Abschaffung der Obergrenzen ein. Für inhabergeführte Handelsunternehmen gebe es bis heute keine Lösung zur Auszahlung eines Unternehmerlohns aus den Hilfsgeldern. In der Folge seien viele Unternehmer zur Deckung ihres privaten Lebensunterhalts auf den Gang zum Sozialamt angewiesen.



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