Verbände bemängeln Verbindlichkeit
02.12.2021, 11:00 Uhr
Berliner Koalitionsvertrag bekennt sich zum Radverkehr
In der Landeshauptstadt haben sich SPD, Grüne und Linke auf die Ziele für die kommende Legislatur geeignet. Der Themenabschnitt Mobilität des neuen Koalitionsvertrags benennt viele wichtige Punkte, einigen Verbänden mangelt es aber an Verbindlichkeit.
In den 13 Seiten des Berliner Koalitionsvertrages zum Thema Mobilität bekennen sich Parteien zu einer Verkehrswende unter nachhaltigen und sozial verträglichen Voraussetzungen. Der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs soll vorangetrieben werden. Geplant sind bessere Angebote des öffentlichen Nahverkehrs mit Park&Ride, Radwegeverbindungen und sichere Fußwege. Weitere Ziele für den Radverkehr sind:
- mehr Fahrradparkplätze und -parkhäuser an wichtigen ÖPNV-Stationen
- Ausweitung von Park & Ride bzw. Park & Bike
- Erleichterung der Fahrradmitnahme im ÖPNV
- Umsetzung des Radverkehrsplan und des Radverkehrsnetzes
- Ergänzung des Radverkehrsplans durch einen Maßnahmenplan
- Umsetzung von Radschnellwegen sowie von Fahrradstraßen
- Neugestaltung des Lastenradförderprogramms unter Bezugnahme von Verleih- und Sharingsystemen
- Erhöhung der Anzahl an dezentralen, anbieterneutralen Mikro-Depots
- Anbindungen des Flughafens BER an das Radverkehrsnetz
- Unterstützung für Kiezblocks: Maßnahmen zur Vermeidung von motorisiertem Durchgangsverkehr und zur Verkehrsberuhigung
- Anpassung der Prognosemodelle für die Verkehrsentwicklung an die Modal-Split-Ziele bis 2030
- Bekenntnis zur Vision Zero
- Nutzung aller rechtlichen Möglichkeiten zur Ausweitung von Tempo 30
- Gestaltung der Stadtquartiere, die den Verzicht auf das eigene Auto fördert
- Bis 2026: Realisierung des Vorrangnetzes und geschützter Radinfrastruktur an Hauptstraßen
Die Reaktion des ADFC Berlin
In dem vorliegenden Koalitionsvertrag erkennt der Fahrradclub ADFC viele richtige und wichtige Punkte zur Förderung des Radverkehrs. Die Nennung einer konkreten Frist bis 2026 zu Realisierung des Vorrangnetzes und geschützter Radinfrastruktur an Hauptstraßen begrüßt der Verein. Darüber hinaus fordert der ADFC einen halbjährlichen Zwischenbericht über den Erfolg der Umsetzung.
Ein weiterer Schritt in die richtige Richtung ist laut Verein das Verschieben der Zuständigkeiten für Hauptverkehrsstraßen von der Bezirks- auf die Landesebene. Somit ist die langjährige ADFC Berlin-Forderung, das Zuständigkeitswirrwarr der dreizehn Berliner Verkehrsverwaltungen zu beenden, zum Teil im Koalitionsvertrag enthalten. „Die Bekenntnisse gehen in die richtige Richtung, jetzt braucht es Taten“, sagt Frank Masurat, Landesvorsitzender des ADFC Berlin.
So fordern sie vor allem mehr Verbindlichkeit, wie konkrete Zahlen und Zielvorgaben zur Errichtung von Fahrradparkhäusern und Fahrradabstellplätzen an wichtigen ÖPNV-Stationen. Die Erhöhung der Parkraumbewirtschaftung von aktuell 20,40 Euro auf 120 Euro pro Jahr (33 Cent pro Tag) reicht nicht aus und sollte mindestens auf 240 Euro angehoben werden. Notwendige Aussagen zur Umwidmung des Parkraums finden sich gar nicht. Um die von der Koalition angestrebte „Zero-Emissions-Zone“ zu erreichen, müssten mindestens 60.000 öffentliche Pkw-Stellplätze pro Jahr in Grünflächen, Spielplätze, Parkbänke, Radwege, Lieferzonen oder Raum für lokale Händler und Händlerinnen umgewidmet werden. „Eine Zukunftshauptstadt braucht mutige Mobilitätspolitik“, fordert Katja Leyendecker, verantwortlich für Politik und Inklusion im Vorstandsteam des ADFC Berlin.
Cargobike.Jetzt begrüßt Lastenrad-Förderung
Die konkrete Zielvorgabe für mehr Lastenrad-Förderung und mehr Mikro-Depots für die Radlogistik erfreut den Verein Cargobike.Jetzt. Zwar wird es keine neue Kaufprämie für private Lastenräder in Berlin geben, stattdessen aber die gezielte Förderung von Cargobike-Sharing. Auch soziale Einrichtungen oder Vereine, die Lastenrad-Rikschas für die Beförderung älterer Menschen nutzen, dürften von der Förderung profitieren. Denn die Kaufprämie des Bundes für gewerbliche und von Vereinen genutzte E-Lastenräder und Gespanne schließt Personentransport als Haupteinsatzzweck aus.
Die Anzahl an Mikro-Depots soll erhöht werden, um vor allem kleinteilige Sendungen auf der letzten Meile verstärkt klimafreundlich transportieren zu können. Ein wichtiger Treiber für den privaten und beruflichen Umstieg auf das Lastenrad könnte zukünftig auch die Einrichtung einer Zero-Emission-Zone sein. Allerdings bleibt es im Koalitionsvertrag bei einer eher vagen Ankündigung mit sicherlich jahrelangen Prüfungen. So soll mittelfristig eine Zero-Emission-Zone errichtet werden, die vom Schadstoffausstoß fossil betriebener Fahrzeuge so weit wie möglich freigehalten wird. Alle Rahmenbedingungen unterliegen allerdings noch Prüfungsverfahren.