Wegweisendes Urteil
12.12.2017, 12:48 Uhr
EU-Urteil stärkt selektiven Online-Vertrieb
Das in Fachkreisen mit Spannung erwartete Urteil des Europäischen Gerichtshofs in Sachen Coty ist gefällt. Luxusanbieter dürfen demnach den Online-Vertrieb ihrer Produkte für Händler beschränken. Es könnte auch für unsere Branche eine wegweisende Entscheidung sein.
Auf das Coty-Urteil hat die Branche gespannt gewartet, weil es wegweisend sein kann für den Online-Vertrieb - auch von Sportartikeln.
(Quelle: Shutterstock/Elvira Koneva)
Auch kleine Händler erreichen über große Plattformen wie Amazon sehr viele Verbraucher. Darf ihnen dieser Vertriebsweg versperrt werden? In einem eng begrenzten Feld sagt der Europäische Gerichtshof: ja.
Hersteller von Luxuswaren dürfen den Vertrieb über Online-Plattformen wie Amazon oder Ebay einschränken. Dies entschied der Europäische Gerichtshof am Mittwoch in Luxemburg. Experten erwarten nun spürbare Folgen für den Online-Handel. Im konkreten Fall ging es um die Firma Coty, die exklusive Parfüms und Kosmetika nur über autorisierte Händler vertreibt und diesen strenge Vorgaben macht. Unter anderem ist es den Partnern vertraglich verboten, die Kosmetika im Internet über Drittplattformen zu vertreiben.
Als ein Händler sie trotzdem auf der deutschen Amazon-Seite anbot, beantragte Coty vor dem Oberlandesgericht Frankfurt eine Untersagung. Das deutsche Gericht sah in den Coty-Vertragsklauseln einen möglichen Verstoß gegen das EU-Wettbewerbsrecht und bat den EuGH um eine Klarstellung.
Für Luxusgüter geklärt
Die Luxemburger Richter halten die Vorgaben aber für zulässig. Die Qualität von Luxuswaren beruhe auch "auf ihrem Prestige-Charakter, der ihnen eine luxuriöse Ausstrahlung verleiht". Für solche Waren seien "selektive Vertriebssysteme" nach Kartellrecht erlaubt, wenn diese bestimmte Bedingungen erfüllten und der "Sicherstellung des Luxusimages" dienten.
Damit sei auch das Verbot eines Vertriebs über Drittplattformen kartellrechtlich möglich, sofern es dazu beitrage, das Luxusimage zu wahren, einheitlich angewandt werde und verhältnismäßig sei. Im vorliegenden Fall nimmt der EuGH das an, überlässt die Überprüfung aber den Frankfurter Richtern.
Die in dem Fall von Coty beklagte Firma Parfümerie Akzente interpretierte den Spruch des EuGH dennoch als "deutlichen Erfolg für uns und den Online-Handel". Pauschalen Plattformverboten sei ein Riegel vorgeschoben worden, erklärte die Firma.
Damit sei auch das Verbot eines Vertriebs über Drittplattformen kartellrechtlich möglich, sofern es dazu beitrage, das Luxusimage zu wahren, einheitlich angewandt werde und verhältnismäßig sei. Im vorliegenden Fall nimmt der EuGH das an, überlässt die Überprüfung aber den Frankfurter Richtern.
Die in dem Fall von Coty beklagte Firma Parfümerie Akzente interpretierte den Spruch des EuGH dennoch als "deutlichen Erfolg für uns und den Online-Handel". Pauschalen Plattformverboten sei ein Riegel vorgeschoben worden, erklärte die Firma.
Auch Ebay erklärte, das Urteil beziehe sich ausschließlich auf Luxusgüter. "Allerdings erkennt es nicht ausreichend die Bedeutung, die Online-Marktplätze insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen haben", hieß es. "Es wäre hilfreich gewesen, wenn der EuGH die Gelegenheit genutzt hätte, ausdrücklich klarzustellen, dass Plattformverbote für Konsumgüter des täglichen Bedarfs rechtswidrig sind."
Erfolg für den selektiven Vertrieb
Beim Verband der Vertriebsfirmen Kosmetischer Erzeugnisse (VKE) stieß die Luxemburger Entscheidung auf Zustimmung: "Hersteller dürfen im selektiven Vertriebssystem Qualitätskriterien für Händler aufstellen, die auch für den autorisierten Internet-Vertrieb gelten."
Dieses Urteil bezieht sich aber ausschließlich auf Luxusartikel. „Es gibt keine klare Definition von Luxus und damit ist einem möglichen Missbrauch Tür und Tor geöffnet. Denn was die Marke als Luxus definiert und was nicht – liegt in ihrem Ermessen. Klarheit in diesem Fall lässt der EuGH leider vermissen“, sagt Oliver Prothmann, Präsident des Bundesverbandes Onlinehandel e.V. (BVOH)
„Dieses EuGH-Urteil bringt zwar auf der einen Seite die Rechtsauffassung des Gerichts zum Ausdruck, dass es keine willkürlichen Verbote im Online-Handel geben darf, lässt aber leider auch eine riesige Interpretationslücke, aufgrund der eher schwammigen Definition von Luxusprodukten“, so Prothmann.
Bundeskartellamt prüft das Urteil noch
Das in Deutschland mit dem Fall befasste Oberlandesgericht in Frankfurt am Main hat nun noch einmal die Möglichkeit, dieses in einem eigenen Urteil klarer zu formulieren. Auch vom Bundeskartellamt wird erwartet, dass es dazu in den kommenden Entscheidungen Stellung beziehen wird.
„Wir prüfen das Urteil noch", erklärte Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts. „Auf den ersten Blick sehen wir aber nur begrenzte Auswirkungen auf unsere Entscheidungspraxis. Der EuGH hat sich offenbar große Mühe gegeben, seine Aussagen auf den Bereich echter Prestigeprodukte zu beschränken, bei denen die luxuriöse Ausstrahlung der wesentliche Teil des Produkts selbst ist. Das Bundeskartellamt hat sich in seiner Entscheidungspraxis bislang mit Herstellern von Markenware außerhalb des Luxusbereichs befasst. Solche Hersteller haben nach unserer ersten Einschätzung auch weiterhin keinen Freibrief, ihre Händler bei der Nutzung von Verkaufsplattformen pauschal zu beschränken.“
Welche Auswirkungen hat das Urteil nun für den Vertrieb von Sportartikeln?