Radentscheid im September
21.05.2021, 10:30 Uhr
Schweriner Bürgerbegehren durch Innenministerium ausgebremst
Das Schweriner Innenministerium will einen für September 2021 angesetzten Radentscheid für mehr Fahrradfreundlichkeit in der Landeshauptstadt verhindern, weil die darin geforderten Maßnahmen zu teuer seien.
Mehr als 6300 Schweriner hatten für das Bürgerbegehren und damit für eine radverkehrsfreundliche Politik in der Landeshauptstadt gestimmt, das entspricht 14 Prozent der Wähler, die an der letzten Wahl teilgenommen haben. Obwohl die Stadtvertretung den Forderungen nicht sofort zustimmen wollte, erklärte sie das Bürgerbegehren für zulässig und stellte so die Weichen für den bundesweit ersten Radentscheid am 26. September.
Diesen Beschluss will das CDU-geführte Innenministerium nun allerdings wieder kassieren, da der städtische Haushalt laut Eigenaussage keine Freiräume für eine Finanzierung des Vorhabens und der damit verbundenen Folgekosten zuließe. Des weiteren wurde auf die hohe Verschuldung der Stadt verwiesen. Mit dem Bürgerentscheid werden unter anderem baulich von der Straße getrennte Radwege an Straßen mit hohem Kfz-Aufkommen oder mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung über Tempo-30 gefordert.
Für diese Entscheidung erntete das Innenministerium von mehreren Seiten Kritik. Schwerins Oberbürgermeister Rico Badenschier (SPD) erklärte, direkte Demokratie dürfe nicht vom Geld abhängen. „Das Innenministerium sollte den Eindruck vermeiden, dass sich wirtschaftlich schwache Kommunen mit weniger demokratischer Teilhabe begnügen müssen als besser ausgestattete Gemeinden.“
Das Bündnis Changing Cities vermutet, dass diese Einmischung in Wahlkampfzeiten politischer Natur sei und die CDU damit klimafreundliche Mobilität ausbremsen wolle. Sie sehen in dem Beschluss eine nicht zeitgemäße Entmündigung der Schweriner Bürger. „Will die Landesregierung wirklich an der Bürgerschaft vorbei regieren?“, kommentiert Ragnhild Sørensen von Changing Cities.
Für Hauptamtsleiter Wollenteit ist die Botschaft des Ministeriums eindeutig: „Bürgerbeteiligung und direkte Demokratie darf es offenbar nur geben, wenn es der Haushalt auch zulässt.“ Haushaltssicherung werde hier über die Grundlagen der Demokratie gestellt. Doch viel dagegen tun könne die Landeshauptstadt nicht.