"Diesel-Gipfel" in Berlin
03.08.2017, 13:10 Uhr
75 Millionen Euro mehr Fördermittel für Radverkehr
Die Bundesregierung will die Mittel für den Radverkehr von 125 Millionen Euro auf 200 Millionen Euro erhöhen. Dies ist ein Ergebnis des sogenannten Diesel-Gipfels.
Es erscheint wie ein Ablasshandel: Ausgerechnet anlässlich eines der schlimmsten Skandale der Autobranche in jüngster Zeit erhöht die Bundesregierung die Fördermittel für den Radverkehr. ADFC-Bundesvorstand Ludger Koopmann sagt: „In den Papieren zum Diesel-Gipfel steht sehr richtig, dass der Radverkehr einen ‚signifikanten Beitrag für emissionsfreie städtische Mobilität‘ leistet. Deshalb war es das Gebot der Krisenstunde, jetzt die Mittel für den Radverkehr deutlich zu erhöhen. Auch wenn Anlass und Ergebnisse dieses Gipfels insgesamt immer noch schaudern lassen, war die Entscheidung für mehr Rad ein guter Anfang. Schließlich ist die Hälfte aller Autofahrten in den Städten kürzer als fünf Kilometer! Diese Fahrten können weitgehend durch Radfahren und Zufußgehen ersetzt werden, wenn man den Menschen dafür eine einladende Infrastruktur anbietet!“
Am Morgen des Treffens zum Dieselmotor hatten ADFC-Aktive vor dem Bundesverkehrsministerium und Bundesinnenministerium die Teilnehmer des Diesel-Gipfels symbolisch wachgeklingelt und deutlich mehr Geld für den Radverkehr gefordert. Eine sustanzielle Aufstockung der Fördermittel des Bundes für den Radverkehr fördern die Verbände der Fahrradbranche schon länger, beispielsweise im Abschlussdokument des Vivavelo-Kongresses der Fahrradwirtschaft 2016 und zuletzt am 9. Februar in einer Erklärung von VSF, ZIV und ADFC zur Bundestagswahl.
Der ADFC wirbt im Vorfeld der Bundestagswahl für einen Paradigmenwechsel in der Verkehrspolitik. Er fordert Vorrang für Radfahrer, Fußgänger und ÖPNV vor dem Autoverkehr, deutlich höhere Finanzmittel des Bundes, Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit innerorts, deutliche Verbesserungen bei der Verkehrssicherheit sowie verbindliche Qualitätsstandards für Radwege.
Albert Herresthal, Geschäftsführer des Verbund Service und Fahrrad, betont in diesem Zusammenhang: „Wir freuen uns, dass die Bundesregierung auch im Zusammenhang mit der Schadstoffproblematik in den großen Städten die Fördermittel für den Radverkehr aufstockt. Dies ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung". Herresthal lässt aber auch durchblicken, dass es keine ungetrübte Freude ist: „Klar, in der Politik zählen Ergebnisse, und da ist diese Anhebung der Mittel schon bemerkenswert. Die Modalitäten müssen aber noch geklärt werden, wofür die Mittel genau verwandt werden sollen." Der VSF habe sich mit den anderen Verbänden immer wieder für höhere Fördermittel eingesetzt, man hätte sich allerdings andere Umstände für die jetzige Entscheidung gewünscht.
„Augenblicklich bleibt noch ein schales Gefühl im Raum, da sich die Bundesregierung erst unter dem enorm hohen Druck der Dieselkrise zu dieser Entscheidung durchgerungen hat. Wir hoffen dennoch, das die Entscheidung nicht als Beruhigungspille zu verstehen ist, sondern dass die Bundesregierung das Potenzial des Radverkehrs für Gesundheit, Klimaschutz, Luftreinhaltung und Lebensqualität nun wirklich voll umfänglich erkannt hat. Damit hätten wir dann eine Basis, auf der sich aufbauen ließe“, so Herresthal.