Appell an die künftige Bundesregierung
02.06.2021, 12:18 Uhr
Fahrradverbände und ADFC fordern konsequente Umsetzung der Verkehrswende
Die Verbände BVZF, VSF und ZIV und der ADFC haben sich für einen dringlichen Appell an die Bundesregierung zusammengetan. Für die nächste Legislaturperiode fordern sie eine konsequente Umsetzung der Verkehrs- und Klimawende mit dem Fahrrad im Fokus.
Das Fahrrad als erschwingliches, zuverlässiges, sauberes, gesundheitsförderndes und stauvermeidendes Verkehrsmittel ist für die Verkehrs- und Klimawende unverzichtbar. Besonders im letzten Jahr hat es sich als ein infektionsarmes und verlässliches Fortbewegungsmittel bewährt, weshalb die Fahrrad- und E-Bike-Nutzung deutlich zunahm. Davon profitiert die gesamte Fahrradbranche. Doch diese Entwicklung kann nur bestehen, wenn auch auf politischer Ebene der Handlungsbedarf erkannt und das Radinfrastrukturnetz schnell und flächendeckend ausgebaut wird.
„Fahrrad und E-Bike haben in der Pandemie einen nie geahnten Boom erlebt und sich weltweit als begehrte Verkehrsmittel der Stunde etabliert und gelten zu Recht als Schlüssel zur Verkehrswende und zur Bewältigung der Klimakrise. Gleichzeitig herrschen für Radfahrende auf den Straßen aber weiterhin beängstigende Verhältnisse – und die Bundesregierung fördert weiter im großen Stil das Autofahren. Diese Unwucht kann Deutschland sich nicht mehr leisten“, so Ralf Puslat, Bundesvorstand Industrie beim ADFC.
Die Verbände der Fahrradwirtschaft haben sich jetzt mit dem ADFC zusammengeschlossen und Forderungen für die Verkehrs- sowie Wirtschaftspolitik formuliert. Diese decken sich mit den Zielen des ADFC-Aktionsplans „So geht #Fahrradland" (SAZbike berichtete).
Verkehrspolitische Forderungen:
- Der Radverkehrsanteil am Modal-Split muss sich bis 2025 auf 20 Prozent und bis 2030 auf 30 Prozent erhöhen. Die Bundesregierung trägt die Verantwortung, die entsprechenden rechtlichen, finanziellen, personellen und organisatorischen Ressourcen und Rahmenbedingungen zu schaffen.
- Um das Ziel der Vision Zero (keine tödlichen oder schweren Unfälle) realisieren zu können, braucht es eine Neuformulierung der StVO und des StVG. Das beinhaltet auch eine explizite Abkehr von der bisher dominierenden Stellung des fließenden KFZ-Verkehrs und der reinen Gefahrenabwehr hin zu einer Berücksichtigung von Klima-, Umweltschutz- und Gesundheitszielen.
- Neben den Gesetzen braucht es eine Anpassung der Verwaltungsvorschriften, Teil davon ist die Einrichtung der bundesweiten innerörtliche Regelgeschwindigkeit von 30 km/h. Radverkehrsanalagen müssen ohne Begründungszwang umgesetzt werden können.
- Kommunen brauchen mehr Handlungsspielraum für ihre jeweilige Stadt- und Siedlungspolitik, insbesondere wenn es um Geschwindigkeitsbegrenzungen oder Parkraumbewirtschaftung geht. Gleichzeitig muss der Bund für Planungssicherheit bei der Finanzierung von Radverkehrsprojekten sorgen. Dafür ist eine gesetzliche Regelfinanzierung im Bundeshaushalt essenziell-
- Die Verkehrswende muss auch im ländlichen Raum vorangetrieben werden, das umfasst die Alltagsmobilität ebenso wie die Naherholung oder den Tourismus mit dem Fahrrad.
Wirtschaftspolitische Forderungen:
- Die nächste Bundesregierung muss sich klar für eine Stärkung des Fahrradstandorts Deutschland aussprechen und sich von der auto-zentrierten Wirtschaftspolitik abwenden.
- Eine Umstiegsprämie für umweltfreundliche Verkehrsträger ist notwendig, um den Umweltverbund und somit auch die Nutzung nachhaltiger Mobilitätsformen zu fördern.
- Um die Attraktivität des Berufsfeldes hervorzuheben, braucht es neben Kampagnen und Initiativen auch eine Wirtschaftspolitik, die dem Wirtschaftsfaktor Fahrrad gebührend Rechnung trägt.
- Das Dienstradleasing muss auch für Bundesbedienstete möglich gemacht werden. Der Bund kann so auch seine Vorbildfunktion bei nachhaltiger Mobilität unterstreichen.
- Bundesförderprogramme für Schwerlasträder müssen auf Cargobikes für den privaten und gewerblichen Nutzen ausgeweitet werden.
- Der Ausbau der digitalen Infrastruktur ist eine Rahmenbedingung für einen attraktiven Wirtschaftsstandort. Hierfür braucht es den Aufbau der Infrastruktur für „Mobility as a Service“ mit einer nutzerorientierten Konnektivität, einschließlich Fahrradverleihsystemen.
„Die nächste Bundesregierung muss liefern. Die überfällige Verkehrswende braucht keine weiteren Lippenbekenntnisse. Das Drehbuch zur Verkehrswende ist geschrieben, wir erwarten nunmehr einen kraft- und effektvollen Auftritt der Protagonisten in der nächsten Bundesregierung und frischen Rückenwind für das Fahrrad und die Mobilität in Deutschland“, unterstreicht Wasilis von Rauch, Geschäftsführer beim BVZF. Alle Forderungen können auch hier noch einmal nachgelesen werden.